: Luftkampf bei Rot-Grün
Koalition streitet über Überflugrechte und Hilfe für USA im Falle eines Krieges gegen Irak ohne UN-Mandat. Die Grünen sind strikt dagegen, die Sozialdemokraten wollen sich nicht festlegen
BERLIN taz ■ An ihrem ersten regulären Arbeitstag hat sich die neue grüne Führung im Irak-Konflikt aus dem Fenster gelehnt, einen Streit mit der SPD aber bestritten. Grünen-Chefin Angelika Beer erklärte gestern, im Fall einer Irak-Intervention der USA ohne UN-Mandat dürfe Deutschland weder logistische Hilfe noch Überflugrechte gewähren. Auch AWACS-Aufklärungsflüge mit deutscher Besatzung dürfe es nicht geben. Gingen die USA im Alleingang vor, dann sei das nach dem Grundgesetz ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg.
Regierungssprecher Bela Anda sagte im Gegensatz dazu, in der rot-grünen Regierung gebe es bisher keine Festlegung, ob Deutschland im Fall eines US-Alleingangs die Überflugrechte verweigern würde. Anda hatte sich in der Bundespressekonferenz zunächst ausweichend geäußert, dann aber gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters betont, es gebe keinen Anlass, davon auszugehen, dass sich die USA nicht an den Beschluss des UNO-Sicherheitsrats hielten. Daher gebe es keine Überlegungen für einen solchen Fall.
Verwirrung stiftete SPD-Generalsekretär Olaf Scholz. Er behauptete im Unterschied zu Anda wie zur Grünen-Spitze, auch im Fall eines US-Alleingangs werde Deutschland Überflugrechte gewähren. Dies gelte ohne Einschränkung. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ließ Scholz daraufhin zur Zurückhaltung mahnen.
Seinen Ausgangspunkt hat der Konflikt in einem Beschluss des grünen Parteitags vom Sonntag. Dort werden für den Fall eines US-Alleingangs „folgende Forderungen“ an das rot-grüne Kabinett formuliert: „Die deutsche Bundesregierung erteilt – auf dem Boden des Grundgesetzes – ein definitives Nutzungsverbot für den geplanten Präventivkrieg der USA gegen den Irak.“ Dies schließe auch eine Absage an die Teilnahme deutscher Soldaten in den AWACS-Flugzeugen der Nato ein. Ausserdem müssten die ABC-Einheiten der Bundeswehr in Kuweit sowie die Marine am Horn von Afrika abgezogen werden.
Beer machte gleichzeitig klar, dass sich Deutschland im Falle eines UN-Mandats den Beistandsverpflichtungen nicht entziehen könne. „Was immer noch nicht heißt, dass wir uns aktiv militärisch qua Personal beteiligen werden“, fügte Beer hinzu. Die AWACS-Flotte der NATO ist im nordrhein-westfälischen Geilenkirchen stationiert und umfasst 17 Maschinen. Deutschland stellt rund ein Viertel der Besatzungen. Die Flugzeuge können auch Bombern oder Kampfflugzeugen Ziele für Angriffe vorgeben. PAT
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