: Rot-Grün will über Zuwanderung verhandeln
Regierung bringt gekipptes Gesetz noch einmal in den Bundestag ein. Grüne Roth: Humanitäre Teile „unantastbar“
BERLIN taz ■ Das Bundesverfassungsgericht hat das rot-grüne Zuwanderungsgesetz für „nichtig“ erklärt. Die Mehrheit der Richter gab den unionsregierten Bundesländern Recht, die aus formalen Gründen gegen das Gesetz geklagt hatten. Das Ergebnis der Bundesratsabstimmung vom März wurde für ungültig erklärt, weil das Land Brandenburg „uneinheitlich“ abgestimmt habe.
Die Bundesregierung will trotz der juristischen Niederlage in Karlsruhe an ihrem Reformvorhaben festhalten. SPD und Grüne kündigten an, das Gesetz im Januar nochmals unverändert in den Bundestag einzubringen. Danach sei man zu neuen Verhandlungen mit der Union bereit, um doch noch einen Konsens im Bundesrat zu finden.
Aus der Union kamen gestern unterschiedliche Signale. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) warf Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) „Provokation“ vor, weil er das Gesetz unverändert lassen wolle. Das rot-grüne Gesetz sei „Makulatur“, sagte Stoiber. Notwendig sei eine völlige Neuregelung. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) betonte dagegen, die CDU stehe jederzeit für Verhandlungen zur Verfügung. Die Chancen für eine Einigung schätzte er als sehr gut ein.
Deutliche Differenzen zeigten sich jedoch schon gestern zwischen Union und Grünen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Volker Kauder (CDU), erklärte im taz-Interview: „Wir waren stets gegen die Erweiterung der Asylgründe.“ Da hätten die Grünen einiges durchgesetzt. „Das werden wir so nicht akzeptieren.“ Das Gesetz müsse „die veränderten Bedingungen nach den Terroranschlägen“ berücksichtigen.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Claudia Roth sagte der taz: „Wir dürfen jetzt nicht aufgeben.“ Die frühere Parteichefin warnte die Grünen vor Zugeständnissen beim Flüchtlingsrecht und nannte „die humanitären Teile unantastbar“.
Die Kirchen bedauerten das Scheitern des Gesetzes. Wirtschaftsvertreter forderten Regierung und Opposition auf, zu einem schnellen, vernünftigen Kompromiss zu kommen. LKW
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