versprochen ist versprochen: Am Spritzenplatz heißt es Farbe bekennen
Erinnern Sie sich an den Liebeskindbau? Nicht den auf dem Lüneburger Uni-Campus, sondern den am Ottenser Spritzenplatz, wo der New Yorker Architekt ebenfalls eines seiner kubistischen Ufos landen lassen wollte. Die Bürgerinitiative „Spritzenplatz bleibt“ sammelte rund 7.000 Unterschriften dagegen und auch dagegen, dass die zweigeschossigen Altbauten überhaupt irgendwie durch viergeschossige Neubauten ersetzt werden. Die Bezirksversammlung trat dem Bürgerbegehren bei, womit der Fall eigentlich hätte geritzt sein müssen. Ist er aber nicht.
Die Bezirksversammlung initiierte eine Planungswerkstatt, um zusammen mit allen Interessierten, namentlich der Bürgerinitiative, die Ausschreibungsbedingungen eines Architekturwettbewerb für die Ecke Bahrenfelder Straße/ Spritzenplatz zu formulieren. Heraus kam ein Papier, das den Vorstellungen der Initiative weitgehend Rechnung trägt. Doch statt in der Bezirksversammlung durchgewunken zu werden, ist es an den Planungsausschuss zurückverwiesen worden.
Man kann das Bürgerbegehren städtebaulich mit Fug und Recht kritisieren: So eine Micker-Bebauung passt nicht mitten in die Stadt, schon gar nicht, wo alle Welt doch nach Ottensen ziehen möchte. Auch trägt das Argument nur bedingt, „unser Platz an der Sonne“, wie ihn die Initiative im Namen trägt, müsse gegen höhere Neubauten verteidigt werden. Diese liegen an dessen Nordostecke.
Das zählt aber nicht. Alles, was zählt, ist das Bürgerbegehren, das die Bezirksversammlung nun mal übernommen hat. Sagt sie jetzt „Pustekuchen!“ oder sagt es die Stadtentwicklungsbehörde, könnten sich Senat und Bezirk die Bürgerbeteiligung vollends schenken. Die Leute haben ohnehin schon oft genug das Gefühl, dass sie nur pro forma beteiligt werden und ihre Zeit besser an der Strandperle hätten verbringen können.
Hätte die Politik einen viergeschossigen Lückenschluss durchsetzen wollen, hätte sie es ruhig auf ein Bürgerbegehren ankommen lassen – und dafür kämpfen müssen. Jetzt hintenrum zu kommen – das ginge gar nicht. Gernot Knödler
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