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tschetschenien-kriegFRAGWÜRDIGE AUSSENPOLITIK

Die Kooperation des BND mit Russland zu Tschetschenien sei eine „Neuauflage des Hitler-Stalin-Paktes“, kritisierte die Gesellschaft für bedrohte Völker vor einigen Tagen die Bundesregierung. Diese Kritik ist sicher unangemessen und überzogen – schon allein weil die politischen Rahmenbedingungen damals und heute nicht vergleichbar sind. Das gilt auch, obwohl inzwischen bekannt geworden ist, dass sich die BND-Vertreter in Moskau nicht nur informierten, sondern Informationen übermittelten zur Unterstützung des als „Terrorismusbekämpfung“ verharmlosten russischen Krieges gegen die tschetschenische Zivilbevölkerung.

Sehr viel gravierender und ernster zu nehmen ist jedoch die Kritik, die führende internationale Menschenrechtsorganisationen in Übereinstimmung mit Diplomaten anderer Staaten der Europäischen Union jetzt aus Anlass der Tschetschenien-Debatte in der Genfer UNO-Kommission an der Menschenrechtspolitik der rot-grünen Koalition und insbesonders ihres Außenministers Fischer geübt haben.

Fischer hat keine große Ahnung von dem Thema, er interessiert sich nicht wirklich und hintertreibt unter Ausnutzung des politischen Gewichts Deutschlands die Initiativen anderer Regierungen – so klagen führende Vertreter der renommiertesten internationalen Menschenrechtsorganisationen. Sie fragen, was eigentlich der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Gerd Poppe, macht, und stellen fest, unter der Regierung Kohl/Kinkel und ihrem Sonderbeauftragten in der Genfer UNO-Kommission, Gerhart Baum, sei die Menschenrechtspolitik der deutschen Regierung – bei aller Kritik und Kontroversen, die es auch damals gab – „engagierter, profilierter und transparenter“ gewesen. Zu dem Tenor dieser Kritik passen auch die Berichte der NichtregierungsvertreterInnen, die Fischer auf seiner jüngsten Afrikareise begleiteten.

Derartige Klagen und Kritik sollten in Berlin die Alarmglocken klingeln lassen. Eine breite Debatte und Neuverständigung in Parlament und Kabinett über die Prinzipien und Ziele deutscher Menschenrechtspolitik ist überfällig. Je länger die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag und andere für dieses Thema zuständige Abgeordnete von Grünen und SPD diese Debatte aus einer falsch verstandenen Koalitionsräson vermeiden, desto schärfer wird die internationale Kritik werden.

ANDREAS ZUMACH

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