trans Athletin Chelsea Wolfe in Tokio: Fufanu for Future

Die trans Athletin Chelsea Wolfe fährt mit ihrem BMX-Rad als Ersatz zu den Sommerspielen. Das hat sie anderen wie CeCe Telfer voraus.

BMX-Freestylerin auf dem Parcour in Tokio.

Mit Cashroll in der Pipe: BMX-Freestylerin auf dem Parcours in Tokio Foto: imago/Zuma Wire

In diesem Sommer werden Tricks mit schrillen Namen wie Fufanu, Abubaca, Suicide oder Cashroll einem breiteren Sportpublikum vorgestellt, denn BMX-Radeln in der Freestyle-Version Park ist zum ersten Mal in der Geschichte olympisch – und das Team USA schickt eine weibliche Minimannschaft nach Tokio, die so ganz nach dem Geschmack der progressiv-woken Gemeinde in den Staaten ist: Hannah Roberts und Perris Benegas lieben Frauen und stehen dazu.

Und falls sich eine von beiden verletzen oder sonst wie ausfallen sollte, steht Ersatzfahrerin Chelsea Wolfe bereit, die auch nach Tokio zu den Spielen reist. Wolfe ist, und das macht das LGBTIQ-Trio komplett, eine Transgender-Athletin. Im Gegensatz zur neuseeländischen Transgender-Gewichtheberin Laurel Hubbard – die taz berichtete – wird Wolfe wohl keinen Auftritt auf der olympischen Bühne bekommen, aber mit ihrer Stand-by-Nominierung schreibt die 28-Jährige aus Lake Park, Florida, trotzdem ein kleines Kapitel US-Sportgeschichte, zumal sie sich als Aktivistin für Trans-Rechte sieht.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat in seiner Amtszeit viele republikanische Gouverneure nachgerade dazu ermuntert, den Zugang von noch minderjährigen Transsportlerinnen zu regulären Wettkämpfen zu erschweren. Nicht nur in Ohio oder Florida entbrannten deswegen heftige Debatten und regelrechte Kulturkämpfe, in denen das Ende des Frauensports und eine neue Beliebigkeit im althergebrachten, zweigeschlechtlich determinierten Sportsystem an die Wand gemalt wurden.

Chelsea Wolfe, die seit über zwanzig Jahren auf dem BMX-Rad sitzt und in den Parcours halsbrecherische Tricks aufführt, hat in Reaktion auf Trump am 25. März 2020 einen Facebook-Eintrag geschrieben, der hohe Wellen schlug: „Mein Ziel ist es, die Olympischen Spiele zu gewinnen, damit ich eine US-Flagge auf dem Podium verbrennen kann. Darauf konzentrieren sie sich während einer Pandemie. Transkinder zu verletzen“, echauffierte sie sich.

„Moral und Werte“

Den Post hat sie mittlerweile gelöscht, der Hass der Ultrarechten auf sie ist geblieben, und er dürfte auch nicht kleiner geworden sein, als sie sich als Antifaschistin outete: „Einer der Gründe, warum ich so hart daran arbeite, die Vereinigten Staaten im internationalen Wettbewerb zu vertreten, besteht darin, der Welt zu zeigen, dass dieses Land Moral und Werte hat, dass es nicht all die schlechten Dinge sind, für die wir bekannt sind. Ich beziehe Stellung gegen den Faschismus, weil mir dieses Land wichtig ist und ich es nicht in die Hände von Faschisten fallen lassen werde.“

Auch andere US-Transgender-Athletinnen strebten nach Tokio, doch die Marathonläuferin Megan Youngren, die im Vorjahr als erste Transsportlerin an den US-Marathon-Trials teilnahm und zuletzt beim Anchorage Mayor’s Marathon mit einer Zeit von 3 Stunden, 11 Minuten und 41 Sekunden doch sehr deutlich über der Olympianorm blieb – sowie die 400-Meter-Hürden-Sprinterin CeCe Telfer schafften es nicht zu den Spielen. Telfer wollte ebenfalls an den US Trials der Leichtathleten teilnehmen, doch ihr wurde der Zugang zum Sportfest verwehrt, weil ihre Testosteronwerte zu hoch waren und sie damit einen unfairen Vorteil gegenüber ihren Konkurrentinnen gehabt hätte.

Telfer studierte an der Franklin Pierce University und nahm 2016/2017 als Mann in der zweiten Division der US-Hochschulsportvereinigung NCAA an Wettkämpfen teil. Telfer outete sich dann 2018 als Transgender, gewann danach einen NCAA-Titel in der Leichtathletik. Sie hatte im Vorfeld der US Trials an Tests teilgenommen, aber der Weltverband World Athletics hat bereits 2019 neue Richtlinien herausgegeben. Bei Frauenwettbewerben zwischen 400 Meter und einer Meile muss der Testosteronspiegel von Transgender-Athletinnen unter 5 Nanomol pro Liter liegen, sie müssen diesen Wert ein Jahr lang vor Wettkampfbeginn unterschreiten und während ihrer Karriere konstant niedrig halten; der Wechsel der Identität muss zudem vier Jahre zurückliegen und amtlich beurkundet sein.

CeCe Telfer hat die Entscheidung respektiert, wohl oder übel. „CeCe hat ihren Fokus auf die Zukunft gerichtet und trainiert weiter“, sagt ihre Manager David McFarland. „Sie wird bald wieder auf nationaler und internationaler Bühne antreten.

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