taz-Serie Abgeordnetenhauswahl: Höchst unterschiedliche Ansichten

Was sagen die Berliner Parteien zum Stichwort Prekäre Arbeit?

In Berlin hat der Wahlkampf begonnen – was sagen die Parteien eigentlich zum Thema prekäre Arbeit? Foto: dpa

Das Schlag­wort vom Kampf gegen „pre­kä­re Ar­beit“ hat es im­mer­hin in vier von fünf Wahl­pro­gram­men ge­schafft. Was mei­nen die Par­tei­en damit?

Bei den Grü­nen heißt es vage, „pre­kär im öf­fent­li­chen Auf­trag“ dürfe es nicht mehr geben. Von Grün­pfle­ge bis Mu­sik­schu­le müss­ten öf­fent­lich fi­nan­zier­te Ar­bei­ten „fair“ be­zahlt wer­den.

Die Lin­ke for­dert, die Bun­des­re­gie­rung müsse Lei­h­ar­beit ver­bie­ten. Mit mehr Stel­len will sie die Ein­hal­tung des Min­dest­lohns bes­ser kon­trol­lie­ren. Zudem müsse auch dort, wo lan­des­ei­ge­ne Be­trie­be Aufgaben an pri­va­te Un­ter­neh­men aus­ge­la­gert haben, um Löhne zu kür­zen – etwa Vi­van­tes, Cha­rité, Bo­ta­ni­scher Gar­ten –, der Flä­chen­ta­rif­ver­trag gel­ten.

Die SPD geht hier am wei­tes­ten. Sie sagt nicht nur, sie wolle keine wei­te­ren Aus­grün­dun­gen „zum Zwe­cke der Ta­rif­flucht und des Lohn­dum­pings“ zu­las­sen – das glat­te Ge­gen­teil ihrer Po­li­tik der letz­ten Jahre. Sie setzt sich sogar für eine „Rück­füh­rung“ die­ser Be­rei­che ein.

Für die AfD heißt „pre­kär“ nur „be­fris­tet“, was im öf­fent­li­chen Dienst „so stark wie mög­lich“ re­du­ziert wer­den soll. Un­klar ist die Be­deu­tung des Sat­zes: „Wir wol­len keine sit­ten­wid­ri­gen Löhne, aber auch keine Lohn­fest­set­zun­gen durch den Staat in der pri­va­ten Wirt­schaft.“ Ist man nun gegen den Min­dest­lohn oder dafür?

Im Wahl­pro­gramm der CDU kom­men im Ka­pi­tel zu Wirt­schaft und Ar­beit un­schö­ne Worte wie „pre­kär“ oder „Armut“ nicht vor.

Und was gedenken die Par­tei­en gegen Armut und Er­werbs­lo­sig­keit zu tun? Die Grü­nen wol­len die Rück­kehr von Frau­en in so­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Be­schäftigung för­dern und in Job­cen­tern die „ge­setz­li­chen Er­mes­sens­spiel­räu­me zu­guns­ten der Be­trof­fe­nen aus­le­gen“. Auch will man „neue Mög­lich­kei­ten durch einen so­zia­len Ar­beits­markt schaf­fen“.

Bei der Lin­ken heißt der öf­fent­li­che Be­schäf­ti­gungs­sek­tor jetzt „Lan­des­pro­gramm Ge­mein­wohl­ar­beit“ und soll frei­wil­lig, lang­fris­tig und sozialversicherungspflichtig sein. Öf­fent­li­che Aus­schrei­bun­gen will man mit der Ver­pflich­tung ver­bin­den, Lang­zeit­ar­beits­lo­se und Ge­flüch­te­te un­be­fris­tet ein­zu­stel­len. Auch die Linke will die Job­cen­ter mehr an den Be­dürf­nis­sen der Er­werbs­lo­sen ori­en­tie­ren und will „rea­lis­ti­sche Miet­kos­ten­er­stat­tun­gen“, um Zwangs­um­zü­ge zu ver­meiden.

Die SPD legt den Schwer­punkt wei­ter auf spe­zi­el­le Qua­li­fi­zie­rungs- und För­der­pro­gram­me für spe­zi­el­le Grup­pen. Ju­gend­be­rufs­a­gen­tu­ren sol­len Ju­gend­li­che schon in der Schu­le an die Hand neh­men, Ge­flüch­te­te sollen durch das Pro­jekt „Ar­ri­vo“ Be­trie­be und Be­ru­fe ken­nen­ler­nen.

Die CDU sieht das Heil in der För­de­rung vor allem mit­tel­stän­di­scher Un­ter­neh­men.

Und die AfD setzt zur Re­du­zie­rung der Ar­beits­lo­sig­keit auf „Hilfe zu Selbst­hil­fe“ statt „staat­li­cher Rund­um­ver­sor­gung“.

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