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taz Panter PreisNicht nur Bahnhof verstehen

Das Bildungs- und Kulturprojekt Verstehbahnhof in Fürstenberg an der Havel gewinnt in Cottbus den taz Panter Preis – und teilt das Preisgeld.

Panter Preisträger Anke und Daniel Domscheit-Berg vom Verstehbahnhof (l.) mit den weiteren Nominierten und Moderatorin Amina Aziz Foto: Kyaw Soe

COTTBUS taz | Der geilste Makerspace Deutschlands“ – das ist der Verstehbahnhof in Fürstenberg an der Havel. Eine Bildungsstätte für Digitalisierung und Nachhaltigkeit und ein fest etablierter Bestandteil der Fürstenberger Zivilgesellschaft. Für dieses Engagement wurden der Verstehbahnhof und seine Grün­de­r:in­nen Anke und Daniel Domscheit-Berg im Rahmen des taz Panter Forums am Samstag in Cottbus mit dem taz Panter Preis ausgezeichnet.

Wofür alle Engagierten stünden, sei „Nie wieder ist jetzt“ in seiner gelebten Form. So würdigte Andreas Speit, Rechtsextremismusexperte der taz, die Ge­win­ne­r:in­nen und Nominierten in seiner Laudatio. Und warnte gleichzeitig: „Das, was sie sich erstritten haben, wird in den nächsten Jahren massiv zu verteidigen sein.“

2018 begann der Verstehbahnhof mit Workshops im Fürstenberger Bahnhofsgebäude. Heute ist daraus ein soziales Ökosystem entstanden. „Der Verstehbahnhof ist ein Möglichkeitsraum und eine Infrastruktur, die sozial und offen ist“, so Domscheit-Berg. Mittlerweile gehören neben dem Makerspace auch ein Kreativraum mit Druck- und Textilwerkstatt, ein Co-Learning-Space für Kinder und Jugendliche sowie ein Umsonstladen mit Beratungsstelle zum Verein. Rund 1.000 junge Menschen nutzen die Angebote jährlich.

Trotz des Zuspruchs gibt es aber immer häufiger auch rechte Gruppen, die das Projekt grundlegend ablehnen. „Teilweise sind das 13- und 14-Jährige, die gefestigt rechtsextreme Ansichten haben“, so Domscheit-Berg. Kontern will der Verstehbahnhof mit Medienbildung. Das Preisgeld soll helfen, Recherche-Workshops an Schulen zu finanzieren.

Ein Preis für die Zivilgesellschaft

Seit 2005 verleiht die taz den mit 5.000 Euro dotierten taz Panter Preis. Angesichts der drei Landtagswahlen in Ostdeutschland und der anhaltenden Bedrohung von rechts stand in diesem Jahr zivilgesellschaftliches Engagement im Mittelpunkt. Gleich drei Preise wurden vergeben – für Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Über die Ge­win­ne­r:in­nen entschieden über 7.300 taz-Leser:innen in einer Online-Abstimmung.

Die Entscheidung kann keine leichte gewesen sein, ist sich Moderatorin Amina Aziz sicher. Unter den Nominierten war auch der afrikanische Kulturverein Palanca in Eberswalde. Dieser wurde in den Baseballschlägerjahren, vor genau 30 Jahren, von Augusto Jone Munjunga gegründet. Vier Jahre zuvor hatten Rechtsextreme seinen Freund Amadeo Antonio in Eberswalde ermordet. Munjunga, ehemaliger Vertragsarbeiter aus Angola, ließ sich nicht einschüchtern und gründete einen Verein.

Mit antirassistischer Bildungsarbeit und afrikanischer Musik bei Stadtfesten fing Palanca damals an. „Wir haben gekämpft für unsere Integration, um einen Platz für alle zu finden“, erzählt Munjunga. Mittlerweile ist der 40-köpfige Verein im ganzen Landkreis Barnim ein Treffpunkt für Geflüchtete und migrantische Communitys aus Kenia, Eritrea und Somalia. Rassismus sei nach wie vor da, so Munjunga, doch er und seine Mit­strei­te­r:in­nen merkten auch, wie sie heute viel mehr Unterstützung erfahren.

Ebenfalls nominiert waren die Deutsch-Ukrainischen Sprachwanderungen aus Beeskow. Verbinden durch Sprache, das war das Ziel von Merle Hilbk, als sie vor 16 Monaten gemeinsame Spaziergänge von ukrainischen Geflüchteten und Beeskowern initiierte. Einheimische und Neudazugekommene verständigen sich in einem Mix aus Ukrainisch, Schulrussisch und Deutsch. „Wir können zwar nicht immer miteinander sprechen, aber die Kommunikation klappt trotzdem“, so die Engagierten Giuliana ­Giorgi und Theo Böll.

Bewegung durch Vernetzung

Eine Vielzahl von Projekten, von internationalen Workshops, Podcasts bis hin zum taz Panter Volontariat für Nachwuchsjournalist:innen, werden von der taz Panter Stiftung gefördert. Der taz Panter Preis und die Stärkung der Zivilgesellschaft ist dabei ein Leuchtturmprojekt. „Denn Sichtbarkeit für gute, solidarische Projekte schafft auch Vernetzung, und durch das Vernetzen entsteht Bewegung“, so die Stiftungsleiterin Gemma Terés Arilla.

Dass Vernetzung wirkt, zeigte sich an diesem Samstag in Cottbus gleich ganz konkret: Denn der Verstehbahnhof entschied kurzerhand, einen Teil des Preisgeldes an Palanca weiterzugeben, um die antirassistische Arbeit in Eberswalde zu unterstützen.

Mit Cottbus ging das letzte der drei taz Panter Foren nach Erfurt und Chemnitz zu Ende. Drei Gelegenheiten, um sich zu vernetzen, zu stärken und zu ermutigen im Kampf gegen rechts und für demokratisches Miteinander. Hoffnung gaben all die Nominierten und Preisträger:innen: Netzwerk Polylux, Bündnis #Nordhausen Zusammen, Kulturhaus Häselburg, Calzone Rivoluzione, Omas gegen Rechts Döbeln, Sisters Dresden, Banda Comunale, Verstehbahnhof Fürstenberg, Palanca Eberswalde, Sprachwanderungen Beeskow.

Die taz Panter Foren sind ein Kooperationsprojekt der taz-Redaktion und der taz Panter Stiftung.

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