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taz-Leser über Motorradlärm„Eine Qual“, „Terror“, „unerträglich“

Lärm durch Motorräder und unnötig laute Autos ist weiter verbreitet als bislang bekannt. Die taz-Karte der Proteste zeigt inzwischen etwa 260 Orte.

Auch im idyllischen Lautertal in Württemberg haben manche Motorräder satt Foto: imago/arnulf hettrich

Berlin taz | Jürgen Klozenbücher suchte Ruhe, als er vor einigen Jahren von der Stadt aufs Land zog. Er fand: Motorradlärm. Oft donnerten Hunderte von Motorrädern 150 Meter entfernt von seinem Garten im baden-württembergischen Dorf Althütte vorbei, sagt Klozenbücher. „Wir müssen nun feststellen, dass es an warmen Wochenenden auf dem Land viel lauter ist als in der Stadt. Die Leute fahren aufs Land, um der Natur näher zu sein und verschmutzen sie mit Lärm – unfassbar!“

Klozenbücher ist einer von bisher rund 80 Betroffenen, die dem taz-Aufruf von Anfang August zur Meldung von Protesten gegen Lärm durch Motorräder und unnötig laute Autos gefolgt sind. Vor allem wegen dieser Leserhinweise und aufgrund weiterer Recherchen ist die taz-Karte mit den betroffenen Orten in Deutschland von 170 auf nun etwa 260 Einträge gewachsen. Das Problem ist also noch weiter verbreitet als bislang bekannt.

Umfragen zufolge fühlt sich mehr als die Hälfte der Bevölkerung durch Straßenverkehrslärm gestört oder belästigt, also in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Dabei können chronische Lärmbelastungen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfälle verursachen, warnt das bundeseigene Robert-Koch-Institut.

Die zahlreichen E-Mails an die taz zeugen davon, wie verzweifelt viele Menschen wegen des Lärms vor ihrer Haustür sind. „Ganz schlimm“, „unerträglich“, „eine Qual“, „kaum auszuhalten“, „Lärmterror“ sind nur einige Zitate von Betroffenen. „Wir fallen seit fünf Jahren gerade in der Einschlafphase fast aus dem Bett von dem Lärm“, klagt ein Berliner.

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„Da fliegt Ihnen der Kochlöffel weg“

„Wegziehen kann ich nicht, weil ich das Haus geerbt habe und ich mir Vergleichbares in ruhigerer Lage nicht leisten kann“, schreibt eine Betroffene. „Diese Lärmbelästigung ist besonders schlimm, weil sie natürlich hauptsächlich in der warmen Jahreszeit auftritt, wenn man aufgrund der Temperaturen die Fenster offen hat“, ein anderer.

Ein taz-Abonnent berichtete, er habe ein Ferienhaus in einer belasteten Region gekauft. „Dort können Sie an Wochenenden und Feiertagen nicht im Garten sitzen. Da fliegt Ihnen der Kochlöffel weg“ – bei 84 Motorrädern pro Stunde „und alle aufgedreht – volles Rohr“. Seine Konsequenz: „Das Haus habe ich zum Glück wieder verkaufen können – im Winter.“

Mehrere Leser weisen daraufhin, dass der Lärm oft auch mit überhöhten Geschwindigkeiten und Unfällen einhergehe. Ein Lärmgeplagter war sogar schon selbst einmal Ersthelfer bei einem Unglück: „Da hatte sich ein Motorradfahrer ein Bein unter der Leitplanke abgeschlagen. Davon träume ich regelmäßig seit zehn Jahren. So ein Traum geht nie weg.“ Die Strecke am Feldberg im Taunus werde ob der vielen Kreuze für Unfallopfer schon „Death Valley“ genannt.

Die meisten Autoren der Mails fühlen sich allein gelassen von den Behörden. „Ein einziges Lärmereignis in der Nacht beendet für viele Leute den erholsamen Schlaf, kann also schon gesundheitsgefährdend sein“, schreibt ein Brandenburger. Das würden die Ämter aber nicht berücksichtigen, wenn sie die Lärmbelastung bewerten. Ein Bayer berichtete, die Einwohner der Dörfer im Wiesenttal in der Fränkischen Schweiz „haben schon lange resigniert“, da ihr Protest nicht erfolgreich gewesen sei. Ein anderer: „Die Polizei hat zwar Unterstützung zugesagt, allerdings dauert es eine Weile, bis ein Streifenwagen erscheint und dann ist die Wirkung nur sehr kurzfristig. Die Heizer sind mit Handy eben auch gut vernetzt.“

Besonders wütend sind viele, weil sie Motorradlärm anders als beispielsweise Belastungen durch Lastwagen für unnötig halten. Motorradfahren diene „nur dem egoistischen Spaß einer immer größer werdenden Menge von rücksichtslosen, abenteuerliebenden Menschen“, schreibt ein Leser aus Unterfranken. „Eine kleine Minderheit ‚terrorisiert‘ aus ziemlich niedrigen Gründen eine große Menge anderer Menschen“, kritisiert ein weiterer.

„Der Ruf nach Ruhe kommt bei mir nicht gut an“

„Wie kann der Staat solche Lärm-Maschinen zulassen, während ganze Forscherteams versuchten und auch erreicht haben, dass PKWs heute im Normalfall kaum noch zu hören sind?!“, fragt der Betroffene aus Unterfranken. Ein anderer Leser kritisiert, dass das Kraftfahrtbundesamt nicht gegen das Problem vorgehe.

Die taz hat auch Kritik an der Berichterstattung erreicht. „Tendenziell kommt bei mir persönlich der Ruf nach Ruhe schlecht an. Jede Demo ist eine Ruhestörung – und das ist gut so“, mailte ein Kommunalpolitiker. Mehrere Motorradfahrer kritisierten, alle Biker würden in einen Topf geworfen, obwohl doch nicht alle Austausch-Auspuffanlagen hätten, die oft besonders laut sind.

Allerdings konstruieren BMW und andere Konzerne sehr wohl serienmäßige Motorräder oder Autos so, dass sie lauter sind als zum Fahren nötig. Die Unternehmen hatten der taz bestätigt, dass sie in den Auspuff mehrerer Modelle Klappen einbauen. Diese verringern den Lärm bei den im amtlichen Zulassungstest geprüften Motordrehzahlen. Insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten sind die Fahrzeuge aber lauter.

Der Trick mit den Klappen funktio­niert, weil die Geräuschemissionen bei der Zulassung durch die Behörden nur bei ungefähr 50 Kilometern pro Stunde gemessen werden. Zusätzlich müssen die Hersteller­ zwar erklären, dass Fahrzeugtypen die Grenzwerte bei Geschwindigkeiten von 20 bis 80 Stundenkilometern einhalten; aber in den Vorschriften für die Motorradzulassung steht noch nicht einmal, dass die Modelle diesen Lärmtest auch absolvieren müssen.

Das Umweltbundesamt fordert, dass die EU Lärmgrenzwerte für Geschwindigkeiten über 80 Kilometer pro Stunde sowie für alle Motordrehzahlen festlegt. Bisher hat die EU-Kommission aber keinen entsprechenden Verordnungsentwurf präsentiert.

Kennen Sie Orte, wo es Proteste gegen unnötigen Motorrad- und Autolärm gibt, die auf unserer Karte fehlen? Dann schicken Sie bitte eine möglichste genaue Ortsangabe, Postleitzahl und Quelle (zum Beispiel den Link zu einem Medienartikel) an kfzlaerm@taz.de.

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10 Kommentare

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  • Wieder einmal treibt man eine Sau durchs Dorf die im Prinzip gar nicht gezeugt hätte werden müssen. Mir ist es völlig schleierhaft wie Auspuffanlagen mit Klappen, egal ob nun manuell gesteuert, per Schalter oder Software in Kraftfahrzeugen verbaut werden dürfen. Das betrifft nicht nur die Motorradfahrer, sondern auch die meisten Luxuskarossen. Warum hier der Gesetzgeber die Augen, bzw. die Ohren verschließt ist nur mit der Automobil- Hörigkeit unserer CSU Verkehrsminister der letzten Jahre zu erklären. Im Prinzip ist das nichts anderes wie die Schummelsoftware. Es sind technische Maßnahmen die am Gesetz vorbei, also an der StVZO vorbei umgesetzt, bzw. verbaut werden. Wie das ein Technischer Überwachungsverein, eine Dekra usw., inklusive das KBA zulassen kann verstehe ich im Leben nicht. Auch ich fahre seit bald vierzig Jahren Motorrad und ärgere mich vor allem über die serienmässigen Versionen von BMW und anderen. Leider unternimmt die Polizei dagegen viel zu wenig. Einheiten wie in Köln oder Hamburg haben sich schon lange auf diese Spezies Deppen konzentriert und sind damit erfolgreich. Ich bin dieses Jahr mehr als 30.ooo km Motorrad gefahren und habe keine einzige Kontrollstelle gesehen.



    Wo mir aber auch die Hutschnur hochgeht sind die Typen die aufs Land ziehen und sich dann aufregen weil der Hahn kräht, die Glocke läutet oder Motorradfahrer unterwegs sind.

  • Ich selber bin Motoradfahrer und habe vollstes Verständnis für den Unmut der Anwohner. Ich habe aus diesen Gründen mein Motorrad vor 2 Jahren auf die original Auspuffanlage zurückgerüstet ! Nach dem Kauf der Maschine ist es mir erst gar nicht bewusst gewesen zu welcher Umweltsau ich durch den vorher schon montierten Sportauspuff geworden bin ....! Mein Apell daher : baut eure Bescheuerten lauten Auspuffanlagen ab und fahrt doch mal Nackt durch die Gegend ! Dann habt ihr zu Hundert % mehr Aufmerksamkeit .... Mehr fällt mir zu den Papagallogestörtverklemmten Motorradbrüllern nicht ein...

  • Technisch gesehen muß weder ein PKW noch ein Motorrad laut sein.



    Auspufflärm ist immer gewollt und reines Imponiergehabe. Ob das kreischen eines hochgezüchteten Mororrades, das bullige Poltern einer Harley oder das geräuschdesignte Endrohr eines Sportwagens - alles geplant, eingetragen und zugelassen von einer korrupten Bürokratie.

  • Die Fragestellung ist schon reichlich suggestiv zum Nachteil von Motorradfahren, die hier wohl zu Sündenböcken gemacht werden sollen.



    Ich habe 10 Jahre in Ludwigshafen mit Blick auf die Hochstraße gelebt. Im Sommer musste man nächtens Fenster geschlossen halten, um Schlafen zu können. Motorräder waren dabei aber das geringste Problem, sondern LKWs, Heizer mit tiefergelegten Autos und besonders der Güterverkehr. Man muss aber auch sagen, wer an eine stark befahrene Straße hinzieht, ist schlichtweg selbst Schuld und hat jedes Recht der Beschwerde verloren, genauso, wie wenn jmd in die Kölner Altstadt zieht und sich dann über den Kneipenlärm aufregt.



    Speziell die Städter, die aufs Land ziehen, sind meist Doppelmoralisten: Wollen vor eigener Haustür Ruhe, fordern aber vor anderer Haustüren Autobahnen und Schnellstraßen, damit sie schneller aufs Land kommen.



    Jedenfalls, geldbringende Touristen gibts halt auch nicht ohne Verkehr.

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Es ist ja unverkennbar, daß die CDU alles abblockt, um Geschwindigkeit und Lärmemission der Motoradfahrer irgendwie zu kontrollieren oder gar abzustellen. Die Motorradfahrer sind einfach besonders rechte CDU/CSU-Wähler.



    Aber die Hausbesitzer und die an der Straße Wohnenden sind oft auch CDU-Wähler.



    Vor Kurzem habe ich in einem oberbayerischen Ort über Entfernung und Zeit einen Motorradfahrer 'gemessen', der mitten im Ort 160 km/h fuhr. Ich könnte jede beliebige Summe wetten, daß dort niemals eine Polizeistreife auftauchen wird und einen Motorradfahrer aufhalten wird.



    Die CDU/CSU will das einfach nicht. Vielleicht spenden die Motorradhersteller große Summen in die Parteikasse.

    • @91672 (Profil gelöscht):

      „Motorradfahrer sind...“ also „...besonders rechte CDU/CSU-Wähler“ - ich habe selten so einen Quatsch gelesen.

    • @91672 (Profil gelöscht):

      Mit Verlaub, aber so einen Mist habe ich in der Diskussion ja schon lange nicht mehr vernommen. Ich bin selbst Motorradfahrer und habe auch eine stark befahrene Straße am Haus. Aber unser Engagement in Form einer BI, für 30Km/h in der Nacht und diverse Blitzer, brachte uns den Zorn und die Verachtung der Bevölkerung und des dunkelschwarzen CDU Gemeinderates ein. Man begehrt nicht gegen die Obrigkeit auf, dass sind unsere Leute, wer nicht Duckmäusert, passt nicht zu uns. Bürger, Kommune Kreis, alle leben nach dem St. Floriansprinzip. Lass mich ruhig in der 30er Zone leben, auf der Hauptstraße wird mit 60 dem ungehinderten Verkehrsfluss ein Fest gegeben. Die Bürger sind selbstsüchtig und unsolidarisch, da braucht es von der CDU keine Korruption mehr.



      Sorry für das mit dem Mist, aber das ist keine großangelegte Verschwörung, sondern eine kollektive Demenz gegenüber den Problemen und Sorgen des Nächsten. Ach ja, in unserem Rat sitzen auch ganz Viele Christenmenschen, die sehr wertekonservativ sind und die Schöpfung bewahren wollen. Wenn aber der ungehinderte Verkehrszu- und Abfluss unserer K4... gestört werden könnte, dann ist Schluss mit lustig.

      • 6G
        61321 (Profil gelöscht)
        @Weidle Stefan:

        @WEIDLE STEFAN



        Gut auf den Punkt gebracht !

  • Aus meiner Motorradzeit kenne ich einen perfiden Trick, den Kommunen gerne verwendet haben, um Motorradfahrer abzuschrecken: Die beliebten kurvigen Strecken großzügig mit Rollsplitt versehen. Da kann man dann nur noch durchschleichen, wenn man nicht sofort aus der Kurve fliegen will.

    • @Mustardman:

      das wäre dann vorsätzliche Körperverletzung oder gar Mord.



      Nein die denken sich nix dabei... hier auf dem Fahradweg mit starker Neigung in ner Kurfe liegt auch grober Kies... grottegefährlich