piwik no script img

taz-Korrespondentin entgeht der PolizeiBlutiges Wahlkampffinale im Kongo

Kongos Oppositionsführer Tshisekedi darf in Kinshasa seine Abschlusskundgebung nicht halten. Er wird festgesetzt, unter den Augen der taz-Korrespondentin.

Präsidialgarde gegen Tshisekedi-Anhänger vor dem internationalen Flughafen von Kinshasa. Bild: dapd

BERLIN taz | Der Wahlkampf in der Demokratischen Republik Kongo ist am Samstag chaotisch zu Ende gegangen. Etienne Tshisekedi, Führer der Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Frotschritt) und aussichtsreichster Gegenkandidat des amtierenden Staatschefs Joseph Kabila bei der Präsidentschaftswahl am kommenden Montag, wurde am Nachmittag von der Polizei daran gehindert, den Flughafen der Hauptstadt Kinshasa zu verlassen, um mit Zehntausenden Anhängern in der Stadt seine Abschlußkundgebung zu feiern.

Er saß gemeinsam mit Vertretern internationaler Medien, darunter der taz, stundenlang am Flughafen Ndjili fest und wurde schließlich kurz vor Mitternacht von der Polizei zusammen mit Angehörigen seiner Entourage festgenommen.

taz-Korrespondentin Simone Schlindwein und weitere Journalisten aus Frankreich, Großbritannien und Südafrika entkamen in der Nacht nur knapp der prügelnden Polizei und retteten sich schließlich unter Schutz einer UN-Patrouille nach Kinshasa zurück. "20 Polizisten schlugen auf unser Auto ein, mit Schlagstöcken und Fäusten", berichtet Simone Schlindwein. "Wir standen direkt neben Tshisekedis Wagen und konnten sehen, wie sie den UDPS-Generalsekretär Shabani gewaltsam rauszerren."

Eigentlich sollten am Samstag sowohl Präsident Joseph Kabila als auch Oppositionsführer Etienne Tshisekedi an benachbarten Orten in Kinshasa ihre Abschlußkundgebungen für die Präsidentschafts- und Parlamentswahl am Montag 28. November abhalten. Nachdem am Morgen Zehntausende Oppositionsanhänger die Straße zum Flughafen blockierten, auf der Kabila in die Stadt hineinfahren sollte, kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, bei denen mehrere Menschen starben und zahlreiche verletzt wurden. Kabilas Kundgebung fand nicht statt.

Die Behörden verkündeten daraufhin ein Verbot aller Wahlkampfkundgebungen, auch der des noch nicht eingetroffenen Tshisekedi. Dies stieß auf Protest seitens der Opposition, die auf ihr Recht auf Wahlkampf bestand. Nach acht Stunden Blockade am Flughafen von Kinshasa und ergebnislosen Verhandlungen mit der UN-Mission im Kongo (Monusco) wurde Tshisekedi kurz vor Mitternacht von der Polizei gewaltsam aus seinem Auto geholt und in seine Residenz gebracht. Mehrere UDPS-Aktivisten in seinem Umfeld wurden augenscheinlich festgenommen.

Die Vorfälle lassen es noch fraglicher als bisher erscheinen, dass die Wahlen am Montag friedlich ablaufen. Die Opposition hat der Regierung bereits mehrfach Behinderung des Wahlkampfs und massive Fälschungsabsicht vorgeworfen. Noch sind überdies nicht alle Wahlmateralien an die Wahllokale ausgeliefert, vor allem in entlegenen Landesteilen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!