sound der stadt: Jazz, Funk and Fake
Der Ethio-Jazz-Pionier Mulatu Astatke geht auf Abschiedstour, Edelfaul Records feiern sechsten Geburtstag, in der Galiäakirche gibt es viel Schlagzeug.

L aura Lee, bekannt geworden als eine Hälfte des Garage-Rock-Duos Gurr bringt ihr zweites Album „Tough Love Paradigm“ mit ihrer Band Laura Lee & the Jettes heraus – und spielt am Sonntag gleich zwei Release-Konzerte im LARK. Einmal ganz familienfreundlich am Nachmittag, so dass Fans gleich ihrem Nachwuchs die richtige musikalische Sozialisierung mitgeben können – in dem Fall liegt der irgendwo zwischen Grunge, Indie-Pop und Alt-Rock-Melancholie; ein zweites Mal mal dann, wie es sich gehört: abends (7. 9., 16.30 und 20.30 Uhr, Tickets im VVK 22,20 Euro).
Am Sonntag lohnt ein Kirchgang – natürlich der anderen Art. In der Friedrichshainer Galiäakirche, inzwischen ja als Kultur- und Musikort etabliert, treten am Sonntag zwei garantiert hörenswerte Acts auf. Zum einen das Duo Rattle aus Nottingham, das aus Eira Brown und Theresa Wrigley besteht. Die beiden Frauen stellten früh in ihrer Laufbahn fest, dass zwei Schlagzeuge mehr Spaß bringen als eines – und machen erstaunlich filigrane, vielschichtige Musik daraus.
Auch der zweite Act, die Zürcher Musikerin Sabina Leone alias Héloïse, sitzt hinterm Schlagzeug. Und webt schöne Fragmente aus anderen Quellen in ihre perkussiven Strukturen (7.9, 20 Uhr, Eintritt AK 15 Euro).
Am Dienstag heißt es dann Abschied nehmen – und zwar vom Ethio-Jazz-Pionier Mulatu Astatke als Live-Performer. Der 82-jährige geht auf Abschiedstour. Nach seinem Studium am renommierten Bostoner Berklee College in den frühen 1960er Jahren kehrte er nach Äthiopien zurück und arbeitete fortan daran, westliche Jazz- und Funk-Einflüsse mit traditionellen Klängen aus seiner Heimat zu fusionieren.
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
In Addis Abeba gründetet er das Jazz Village, eine Mischung aus Musikschule und Club – und ließ sich darüber hinaus einiges einfallen, um den Äthiopier:innen ihre eigene, bisweilen in Vergessenheit geratenen Traditionen nahezubringen – ebenso wie dem Rest der Welt. Auf seinem neuen Album „Mulatu Plays Mulatu“ ist seine Big Band im Zusammenspiel mit äthiopischen Musiker:innen zu erleben. Mal sehen, wie er sein Erbe im Huxley’s präsentieren wird (9. 9., 20.30 Uhr, Tickets kosten im VVK 38,50 Euro).
In Richtung folgendes Wochenende ist dann plötzlich eine ganze Menge los. Kündigt sich damit etwa der Herbst an, der ja immerhin zumindest meist schöne Konzerte (statt Festivals) zu bieten hat? Am Donnerstag feiert etwa das Berliner Label Edelfaul Records seinen sechsten Geburtstag in der Panke: mit einem umfänglichen Musikprogramm und einem Tape Release von Schrödinger or Boom Boom God.
„Tüüfelsbrugg“ heißt deren Debüt-EP; die fünf Tracks erweisen sich als ziemlich wilder Ritt zwischen Noise, Elektronik und Spoken Words, die Bands selbst nennt es „fake industrial folklore band“. Weitere Live-Sets kommen von EPRC, Càrpatos, Emme und Neinei9: Klingt vielleicht nicht unbedingt bekömmlich, aber sicher vergnüglich – sofern man’s eher weird mag (11.9., 20 Uhr, Panke, Gerichtstraße 23, Hof V, AK 10 Euro).
Eine Art Labelabend gibt es ebenfalls am Donnerstag – sind doch sowohl fastmusic mit ihrem minimalistisch-ätherischen Indie-Blues, als auch die Sufi Dub Brothers bei Fun In The Church beheimatet, dem verlässlich geschmackssicheren Sublabel von Staatsakt.
Die Sufi Dub Brothers mit ihrer frenetischen Energie sind das Projekt von Viktor Marek, der für die bassmusikalisch grundierte Beats zuständig ist, und von Ashraf Sharif Khan, einem Meister auf der Sitar: Das Duo präsentiert im Gretchen seinen neuen Release „The Return of The Sufi Dub Brothers“ (11.9., 20.30 Uhr, Tickets im VVK 22 Euro).
Und dann beginnt am Donnerstag noch das viertätige Mini-Festival Pop im Nordkiez, das zum Ziel hat, die Anwohnerschaft mit dem Kreativschaffenden im Viertel zusammenzubringen. Den Auftakt im Theater im Kino (Rigaer Strasse 77), welches als Spielstätte fungiert, macht das Trio Trawy i Kamienie („Gräser und Steine“) mit internationalen Lyrikvertonungen. Samstag tritt dann die karibisch-amerikanische Sängerin Sera Kalo auf, die ihren Musik zwar genrefluid nennt, aber trotzdem in diesem Jahr den Deutscher Jazzpreis bekommen hat, in der Sparte Vokal (11.-14.9, Infos zu Zeiten, Künstler:innen und Eintritt – zwischen umsonst und 7 Euro).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wir Boomer
Menno, habt Ihr’s gut!
Umfrage zur Landtagswahl Sachsen-Anhalt
Spitzenwert für Rechtsextreme
Israels Krieg in Gaza
Forscher sehen einen Genozid
Rechte für Transfrauen
Pack die Badehose wieder ein
Kollapsbewegung in der Klimakrise
Nach dem Untergang geht’s weiter
Herbst der Reformen
Wenn jemand immer wieder Nein sagt