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Lafontaine und die HasspredigerKOMMENTAR VON KLAUS HILLENBRAND

Oskar Lafontaine kann sich derzeit über mangelnde Reaktionen nicht beklagen. „Hassprediger“ nannte ihn die SPD Brandenburg, „Nationalkommunist“ der CSU-General Markus Söder, als „deutscher Haider“ bezeichnete ihn der Grünen-Mann Joschka Fischer und als „Versager“ der CSU-Chef Edmund Stoiber. Unfreundlicher kann man mit dem Aushängeschild der Linkspartei kaum noch umgehen, der sich einen Gutteil der Kritik mit seiner Fremdarbeiteräußerung selbst zuzuschreiben hat. Wozu braucht es schon sachliche Argumente, wenn man so schön mit Dreck schmeißen kann?

Was die Parteien von CSU bis Grüne mit ihren Beschuldigungen bezwecken, ist nur allzu durchsichtig: Lafontaine und mit ihm die Linkspartei sollen dämonisiert werden. Er soll als so gefährlich gelten wie Saddam Hussein. Mindestens. Die Botschaft lautet: So einen darfst du, liebes Volk, keinesfalls wählen! Macht also euer Kreuz lieber bei den bewährten Parteien!

Nun spricht nichts gegen Polemik im Wahlkampf. Sie gehört dazu, weil sie der Profilierung dient. Deswegen ist es auch absurd, wenn Anhänger der Linkspartei eine „Pogromstimmung“ gegen den angeblich „verfolgten“ Lafontaine beklagen. Wenn er mit Dreck wirft, soll sich niemand beklagen, wenn der bei Gegenwind zurückfliegt.

Ob die Schmutzkampagne der vergangenen Tage gegen den Spitzenkandidaten der Linkspartei aber von Weisheit zeugt, darf bezweifelt werden. Sie wird Lafontaine nicht schaden, sondern nützen. Viele seiner Anhänger, die Reformverlierer, sehen sich durch keine der bestehenden Bundestagsfraktionen mehr vertreten. Sie sind in ihrer Mehrzahl weder dumm noch neonazistisch. Sie suchen schlicht eine Vertretung, die ihren Interessen entspricht. Sie merken es, wenn die einzige Antwort auf Lafontaine in einer Diffamierungskampagne besteht. Dies nährt zu Unrecht den Verdacht, es gebe keine Argumente gegen seine Thesen.

Die anderen Parteien werden deshalb nicht darum herumkommen, sich mit der Linkspartei auseinander zu setzen. Sie und ihre Forderungen müssen ernst genommen werden. Nicht nur aus Gründen der politischen Hygiene, aber auch deswegen.

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