pride in hamburg: „Letztlich ein Wettbewerbsvorteil“
Pride Week: Vom 24. Juli bis zum 8. August 2021 feiert Hamburg den Christopher Street Day (CSD). Heute: Hissen der Regenbogenfahne am DGB-Gewerkschaftshaus, 15 Uhr, Besenbinderhof 60
Interview Simeon Laux
taz: Frau Stindtmann, ist die Regenbogenfahne noch mehr als ein Marketingsymbol?
Ute Stindtmann: Auf jeden Fall. Sie ist unser Erkennungssymbol: Egal ob ich in ein Geschäft oder ein Lokal komme – Menschen aus der Community wissen, dass sie dort willkommen sind. Dass sich Unternehmen mit der Regenbogenfahne schmücken, ohne sich sonst für uns einzusetzen, nervt und ist ein Problem.
Wie offen erleben Sie die Hamburger Unternehmen?
Hamburg hat den Vorteil einer großen Metropole und ist insgesamt schon sehr offen. Viele Unternehmen, die das ernst nehmen, bieten Stammtische für Menschen aus der Community an oder haben eigene Antidiskriminierungsrichtlinien. Letztlich haben diese Unternehmen ja auch einen Wettbewerbsvorteil: Es spricht sich unglaublich schnell herum, welche*r Arbeitgeber*in es ernst meint und bei wem es nur Augenwischerei ist. Geht man aber nur mal zehn, zwanzig Kilometer raus, dann ist es teilweise schon wieder ganz anders. Da geht es dann konservativer zu, man ist verhaltener und findet das nicht so wichtig.
Was fordern Sie von den Unternehmen, um die Sichtbarkeit queerer Menschen und die Vielfalt am Arbeitsplatz zu stärken?
Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter*innen sensibilisiert werden, zum Beispiel im Rahmen ihrer Einarbeitung. Ein Coming-out am Arbeitsplatz ist nach wie vor nicht selbstverständlich. Auch hier sollten die Unternehmen unterstützen. Es ist wirklich erschreckend, welche schlechten Erfahrungen damit noch immer gemacht werden. Auch dass das Heteronormative weiterhin eine Selbstverständlichkeit ist. Viele kommen gar nicht darauf, dass unter ihren Kolleg*innen vielleicht jemand ist, der oder die nicht so lebt. Auch ein Diversity-Management muss man heute von einem Unternehmen erwarten können.
Welches Zeichen wollen Sie denn selbst mit dem Hissen der Regenbogenfahne setzen?
Ute
Stindtmann
60, engagiert sich seit 30 Jahren bei Ver.di und ist Mitglied des LSBTI*-Arbeitskreises des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
Wir als LSBTI*-Arbeitskreis, der übrigens schon seit 1980 besteht, wollen die Gewerkschaften und auch die Mitglieder sensibilisieren und auf unsere Bedürfnisse aufmerksam machen. Wir wollen zeigen: Hier kannst du dich engagieren, hier findest du Schutz und Unterstützung.
Queere Menschen erfahren am Arbeitsplatz häufig noch Diskriminierung. Was müssen die Unternehmen tun, um eine sichere Atmosphäre für alle zu schaffen?
Sie müssen gewährleisten, dass niemand wegen eines bestimmten Merkmales diskriminiert wird. Wenn Kolleg*innen etwas Abfälliges sagen oder sich unangemessen verhalten, muss das zum Thema gemacht werden und darf nicht bagatellisiert werden.
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