kommentar von Katharina Schipkowskiüber Verfahren gegen linke Aktivist*innen: Der Staat handelt aus Verzweiflung
Der Stand der Ermittlungen zu den Krawallen beim G20-Protest ist kläglich – dafür sind die jetzt eingeleiteten Verfahren gegen Andreas Beuth, Andreas Blechschmidt und Emily Laquer exemplarisch.
Vor Gericht standen bisher Jugendliche und junge Erwachsene, die zum Teil spontan, zum Teil geplant, in einer aggressiven Stimmung zwischen Polizei und Protestierenden Sachen auf die Vertreter*innen der Ordnungsmacht geworfen haben. Das ist nicht okay und nicht schlau, vor allem, wenn überall Zivilpolizist*innen sind. Andere waren nur zur falschen Zeit am falschen Ort, wie der Pole, der mit einer Taucherbrille am Hauptbahnhof festgenommen wurde.
Es ist klar, dass das nicht die Leute sind, die die Polizei eigentlich sucht. Polizeipräsident Ralf Meyer hat das am Mittwoch bei einer Pressekonferenz sogar zugegeben. „Natürlich ist das nicht der harte Kern“, sagte er. Zu dem werde man aber sicher noch durchdringen. Schön, dass er da so zuversichtlich ist, aber stattdessen nun gegen Beuth, Laquer und Blechschmidt zu ermitteln, geht ganz sicher in die falsche Richtung.
Die Sprecherin der Interventionistischen Linken und die Sprecher des Welcome-to Hell-Bündnisses gehören zu den linken Aktivist*innen, die sich zumindest bisher nicht gescheut haben, mit ihrem Namen und ihrem Gesicht für ihren Aktivismus zu stehen. Als Demo-Anmelder*innen haben sie mit der Polizei verhandelt, sie haben mit Journalist*innen geredet, sich fotografieren lassen und das öffentliche Interesse auf sich gezogen. Das wird nun bestraft. Schon längst sind sie zur Zielscheibe von Hatespeech und offenen Anfeindungen geworden. Dazu hat auch beigetragen, dass der Verfassungsschutz ihre Namen im Internet veröffentlicht hat.
Ganz sicher sind diejenigen, die sich so der Öffentlichkeit ausliefern, nicht die, die sich im nächsten Moment umdrehen und Straftaten begehen. Die Polizei weiß das. Aber sie steht unter Druck, Olaf Scholz hat harte Strafen gefordert. Wo wir gerade bei Scholz sind: Falls irgendwann doch noch die wahren Verantwortlichen für das G20-Desaster belangt werden sollen – er wäre der richtige Kandidat.
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