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irakkriegSchröders Nein bleibt plausibel

Die UN-Waffeninspekteure dürfen wieder in den Irak. Der Krieg, der gestern noch als fast unvermeidlich galt, scheint zunächst abgewendet zu sein. Wenn Saddam Hussein nun unbeschränkte Waffeninspektionen zulässt, dementiert dies auch das Bild des irrationalen Dämonen, das von ihm gelegentlich gezeichnet wird. Saddam steuert offenbar nicht besinnungslos in den eigenen Untergang – er verhält sich, anders als 1991, rational, machtkalt, berechenbar. Weil auch Saudi-Arabien nun einen UN-mandatierten Krieg nicht mehr ausschließt und die Bush-Regierung grimmig zu allem entschlossen ist, nimmt der Diktator die letzte Ausfahrt, um sein Regime zu retten: Der Selbsterhaltungstrieb scheint stärker zu sein als die Lust an der Apokalypse.

Kommentar von STEFAN REINECKE

Was macht jetzt Gerhard Schröder? Er hat immer wieder klipp und klar nein zu dem Irakkrieg gesagt. Das war richtig, weil ein Krieg mit dem Ziel, Bagdad zu erobern, falsch, kurzsichtig und gefährlich ist. Doch gleichzeitig hat Schröder damit die Drohkulisse geschwächt, die Saddam nun offenbar zum Einlenken bewegt hat. Fragt sich: Haben Edmund Stoiber und viele andere – auch rot-grüne – Außenpolitiker also mit ihrer Kritik an dem deutschen Alleingang Recht bekommen? Und bricht Schröders Antikriegsrhetorik, die für Rot-Grün den erneuten Wahlsieg in greifbare Nähe rückte, im allerletzten Moment zusammen?

Nein. Man muss sagen: leider nein. Denn die Kriegsgefahr ist nicht gebannt, sondern eher aufgeschoben. Das zeigen kristallklar die Reaktionen aus Washington und London. Dort halten manche Falken Saddams Rückzug offenbar für einen besonders hinterhältigen Versuch, ihre mit Mühe entworfenen Kriegspläne zu sabotieren. Ohnehin steckt bei den Waffeninspektionen der Teufel im Detail. Falls die US-Regierung weiterhin auf Biegen und Brechen an ihrem Ziel festhält, Saddam Hussein zu stürzen, wird es diesen Krieg auch geben.

Der Irakkrieg ist seit gestern ein bisschen unwahrscheinlicher geworden – er bleibt möglich. Schröder hat angeboten, bei Bedarf deutsche Waffeninspekteure in den Irak zu schicken. Das ist richtig: Es zeigt, dass die Ablehnung der US-Pläne nicht „Ohne uns“ heißt. Vor allem aber ist Schröders Analyse, auf der sein hartes Nein gründet, nach wie vor realistisch: Die US-Regierung will keine UN-Waffeninspektionen, sondern ein neues Regime im Irak. Solange das so ist, bleibt ein Nein die einzige plausible Antwort. Auch nach dem 22. September.

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