heute in hamburg: „Viermal unterm Hintern weg verkauft“
Podiumsdiskussion „Städtebaulicher Vertrag zum Holstenareal – kein Grund zum Jubeln“: 19.30 Uhr, Louise-Schroeder-Schule, Thedestraße 100
Interview Gernot Knödler
taz: Herr Pfadt, was ist bei der Entwicklung des ehemaligen Holsten-Areals in Altona falsch gelaufen?
Andreas Pfadt: Das Gelände ist, nachdem die Holsten-Brauerei es abgetreten hatte, noch viermal weiterverkauft worden und dabei hat sich der Grundstückspreis mehr als verdoppelt.
Warum ist das problematisch?
Weil es Konsequenzen hat für die Dichte, mit der da gebaut wird und die Mieten, die da zu erwarten sind.
Kann daran jetzt noch etwas geändert werden?
Theoretisch ja. Niemand kann die Stadt zwingen, den Bebauungsplan, wie er ausgehandelt wurde, auch zu verabschieden. Aber weil die Akteure das Ergebnis der Verhandlungen als Erfolg zu verkaufen versuchen, werden sie das nicht tun.
Haben der Senat und der Bezirk Altona schlecht verhandelt?
Wenn man das Ergebnis ansieht, ja. Denn es entsteht ein Gebiet mit einer ungeheuren städtebaulichen Dichte. Das verstößt gegen das Gebot, gesunde Wohnverhältnisse zu schaffen. Ich bin dafür, dass man mit dem Grund und Boden sparsam umgeht, aber wenn die Orientierungswerte der Baunutzungsverordnung um mehr als das Dreifache überschritten werden, kann man das nicht mehr rechtfertigen.
Andreas Pfadt
73, ist Geschäftsführer des Stadtplanungsbüros ASK und Lehrbeauftragter der Hafencity Universität (HCU).
Der Senat wollte, dass die Brauerei am Standort Hamburg bleibt. Wie hätte er unter solchen Voraussetzungen seinen Einfluss wahren können?
Wenn man es der Brauerei ermöglichen wollte, ihr Grundstück für 150 Millionen Euro zu verkaufen, weil sie damit ihre Verlagerung bezahlen wollte, hätte man sofort eine Vorkaufssatzung erlassen oder eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme einleiten müssen.
Was ist Gegenstand einer Entwicklungssatzung?
Eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme wie auch die Vorkaufssatzung erlaubt es, alle weiteren Verkäufe zu verhindern oder genehmigungspflichtig zu machen und damit Grundstücksspekulation zu verhindern – das kann bis zur Enteignung gehen. Diesen Vorschlag gab es auch im politischen Raum, aber die Stadt wollte das lieber in einem städtebaulichen Vertrag regeln. Während uns im Wahlkampf preiswerter Wohnraum in Aussicht gestellt wird, wird denen unter dem Hintern weg das Grundstück viermal verkauft. Das ist ein grobes Versäumnis.
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