heute in hamburg: „Wir nehmen Rassismus nicht hin“
Karl-Georg Ohse, 56, ist Sozialpädagoge und Mitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft „Kirche und Rechtsextremismus“.
Interview Carlotta Hartmann
taz: Herr Ohse, Sie leiten in Mecklenburg-Vorpommern das Projekt „Kirche stärkt Demokratie“. Wieso ist da die Kirche gefragt?
Karl-Georg Ohse: Das Projekt wurde 2011 im Rahmen des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ ins Leben gerufen – meines Erachtens ist es das einzige im Programm, das an einen kirchlichen Träger gebunden ist. Damals war Mecklenburg-Vorpommern durch die NPD und Unterwanderungsstrategien völkischer Siedler besonders von Rechtsextremismus betroffen. Auch unter Kirchenmitgliedern gab es einen zunehmenden latenten Antisemitismus und Rassismus.
Wie geht die Kirche damit um?
Ich glaube, dass es auf Kirchenleitungsebene bereits ein waches Bewusstsein für rechte Gedanken und auch eine Analyse davon gibt. In Gemeinden ist das schwieriger, weil die Mitglieder sich schon lange kennen. Aber auch hier verändert sich durch langjährige, offensive Aufklärungsarbeit etwas. Bei der Auswahl von Gemeinderäten, beim Umgang mit Pachtverträgen und bei der Vergabe von Aufträgen nehmen wir rechtes Gedankengut nicht einfach so hin.
Viele Rechte behaupten, eine christliche Kultur erhalten zu wollen.
Diese sogenannte christliche Kultur gibt es für mich gar nicht. Die Bibel ist universell gültig und gibt Nationalismus kaum Raum. Äußerungen wie „Irgendwann sind unsere Kirchen alle Moscheen“, oder „die bekommen alle so viele Kinder“ beruhen auf einer diffusen Angst. Ich versuche zu zeigen, was Fiktion und was Realität ist. Sorgen um das Aussterben unserer Gemeinden sind begründet – mit Geflüchteten haben die zurückgehenden Zahlen aber wenig zu tun.
Wann schließt die Kirche Menschen aus?
Diskussion „Jetzt sind sie nun mal drin – und nun?“ über Rechtsextremismus. Mit Vertretern von ver.di, der Kirche und der Sozialpsychologin Beate Küpper. 19 Uhr, Klub am Besenbinderhof, Besenbinderhof 62.
Eintritt frei
Wer rassistische oder volksverhetzende Aussagen macht, hat in Führungspositionen nichts zu suchen. Menschen, die in der rechtsextremen Szene aktiv sind, müssen sich fragen, wie das mit dem christlichen Glauben vereinbar ist. Auch die Gemeinden müssen überlegen, welchen Einfluss Rechte auf den Kirchenalltag nehmen dürfen.
Sollte die Kirche politisch sein?
Unsere Botschaft ist, dass alle Menschen die gleiche Würde haben. Wir kümmern uns um die, die ausgegrenzt werden oder unter strukturellen Benachteiligungen leiden. In dem Sinne ist die Kirche schon immer zumindest gesellschaftspolitisch aktiv.
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