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heute in bremen„Nicht sichtbar, aber messbar“

Foto: Geomar

Ulf Riebesell, 59, Professor für Biologische Ozeanografie am Geomar-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Interview Jens Fischer

taz: Herr Riebesell, sie erforschen die Meere und behaupten, die Ozeane seien sauer.

Ulf Riebesell: Die sind und bleiben alkalisch, aber sie werden saurer, weil sie als Dienstleister gegen die Klimaerwärmung fortgesetzt etwa 27 Prozent des menschengemachten CO2-Ausstoßes aufnehmen.

Das ist doch vorbildlich.

Einerseits ja, dadurch steigt die Konzen­tration des Treibhausgases in der Atmosphäre langsamer und die globale Erwärmung wird abgemildert. Andererseits ist so der pH-Wert der Meeresoberfläche von 8,2 auf 8,1 gesunken, was einem Anstieg des Säuregrads um etwa 30 Prozent entspricht. Zusätzlich absorbieren die Ozeane mehr als 90 Prozent der Wärme, die durch den Treibhauseffekt erzeugt wird.

Und was bedeutet das?

Für kalkbildende Pflanzen, etwa Mikroalgen, sowie Schalen- und Skeletttiere wird das Leben im Meer schwieriger. Die benötigen Carbonat, das aufgrund der Versauerung immer weniger vorhanden ist. So wachsen Organismen langsamer und werden aus Ökonischen gedrängt. Auch Reproduktionsraten sinken. Bis 2050 wird beispielsweise der Bestand an Süßwasserkorallen um 70 Prozent gesunken sein.

Was ist dagegen zu tun?

Nichts hilft, wenn nicht der Treibhausgasausstoß verringert und die Erderwärmung begrenzt wird. Kurzfristig können wir in Korallenriffe Kalk einbringen. Stressfaktoren wie die Meeresverschmutzung reduzieren. Und Fische schützen. Während Heringe gegenüber der Versauerung relativ tolerant sind, reagieren Dorsche sehr empfindlich. Um ihr Überleben zu sichern, müssten Fangquoten gesenkt werden.

Ausstellung „Ozeanversauerung: Das andere Kohlendioxid-Problem“, bis 29. August, Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4/5

Das Thema wird ja erst seit zehn Jahren erforscht, ist es inzwischen bekannt?

Bei Entscheidungsträgern schon, bei der Bevölkerung eher nicht. Es ist ja unsichtbar wie CO2. Versauerung kann auch keiner sehen und die Entwicklung ist auch nicht sicht-, aber messbar.

Für Aufmerksamkeit werben Sie jetzt mit einer Wanderausstellung, die nur aus Schmuckfotos von Ihren Forschungsreisen und -stationen besteht. Warum ästhetisieren Sie das Problem?

Es ist ja so negativ belegt und deswegen sollen nicht negativ wirkende Bilder dazugestellt und Horrorszenarien entworfen werden. Wir wollen im Gegenteil zeigen: Schaut her, was für einen Schatz wunderschöner Lebenswelten von großer Artenvielfalt beherbergt das Meer – und so das Gefühl wecken, das ist alles schützenswert.

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