drei irrtümer: Skandalen nach Zahlen
1 Oft heißt es, „dass die Bremer Bamf-Außenstelle zwischen 2013 und 2016 in mindestens 1.200 Fällen Asylanträge zu Unrecht bewilligt haben soll“.
Diese bereits logisch problematische Formel stammt von den Presseagenturen: Geprägt hatte sie dpa, die sie mittlerweile nicht mehr nutzt. Dafür verbreitet die AFP sie ungehemmt. Sie ist falsch: Eine Taskforce aus Bundespolizei, Bremer Antikorruptionseinheit und der zuständigen Staatsanwaltschaft sucht in mindestens 1.167 Bremer Bamf-Akten nach Hinweisen für Manipulation. Dabei kann sie zu dem Schluss kommen, dass strafbares Handeln in einer erst dann bestimmten Zahl Einzelfälle vorlag – oder nicht.
2 Wegen vom Bundesmittel abweichenden Anerkennungsquoten überprüft das Bundesinnenministerium elf Bamf-Außenstellen.
Die Abweichungen gibt’s – sie bedeuten aber nichts: Die Lage im Herkunftsland der Antragsteller*innen ist entscheidend. So ist in Berlin die Anerkennungsquote in den Jahren 2010 bis 2015 mit 24,6 Prozent niedrig, weil der Anteil der Antragsteller*innen aus den Balkanstaaten, mit einer bundesweiten Anerkennungsquote von 0,2 bis 2,6 Prozent, hoch war. Anders in Bremen: Das beschied 55,7 Prozent der Anträge positiv. Dort stammten damals 44,2 Prozent der Anträge (3.107 Stück) von Asylsuchenden aus Syrien, deren Anerkennungsquote bundesweit bei 83 Prozent lag. In Berlin stammte nur 16,5 Prozent der 5.811 Antragstellenden aus Syrien.
3 Kolportiert wird, Bremen hätte erhöhte Anerkennungsquoten auch in Bezug auf einzelne Herkunftsländer.
Stimmt. Zum Beispiel gab es hier 2016 einen Antrag aus Äthiopien. Der wurde positiv beschieden. Quote: 100 Prozent. In Bremen, für etwas unter einem Prozent der Fälle zuständig, regiert eben das Gesetz der kleinen Zahl, das mit dem Zufall verheiratet ist. Aber auch in Flächenländern bleibt die Menge der Anträge klein – also die Quote von vielen Einflussfaktoren abhängig. Seriös wäre, längere Zeiträume zu beobachten. Der taz liegen verlässliche Asylverfahrenszahlen von 2010 bis 2015 vor. Im Mittel dieser Jahre war Bremen zwar immer in der Spitzengruppe, aber in keinem Herkunftsland mit großer Ankunftszahl spitze. So wurden in dem Zeitraum 90,3 Prozent der syrischen Bewerbungen anerkannt – ein geringerer Anteil als im Saarland (91,5) in Sachsen (91,3), Brandenburg (90, 7) und Mecklenburg-Vorpommern (90,6). Bei Irakis toppten Niedersachsen (75,5), Hamburg (74,4) und Nordrhein-Westfalen (72,6) die Bremer Entscheider*innen, die mit 67,9 Prozent abgeschlagen auf Platz vier landen. Benno Schirrmeister
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