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die wahrheitDie Billigbilligmacher

Unternehmensberater fordern Mindestlohn - für sich selbst! Wegen "AldiConsult".

Den Unternehmensberatern in Deutschland geht es gut. Der Aufschwung ist solide. Die Betriebe entlassen Personal in zweistelligen Zuwachsraten. Die Auftragslage der Branche, deren Kernkompetenz im Entlassen von Personal besteht, bewegt sich auf einem angenehm hohen Niveau. Das Honorar von mindestens 300 Euro pro Stunde ist zwar in den vergangenen zwei Jahren nicht erhöht worden und der steuerlich subventionierte Dienstwagen im Wert von 50.000 Euro ist auch schon seit einem halben Jahr der gleiche, aber es macht immer noch richtig Spaß zu beraten. Bis jetzt! Denn bald könnte alles vorbei sein. Der Lebensmittel-Discounter Aldi plant in das Beratergeschäft einzusteigen und ab sofort mit Branchenriesen wie Roland Berger, McKinsey, Boston Consulting und Kienbaum zu konkurrieren.

"Kernkompetenz von Aldi ist Sparen", sagt Sven Hövelke, Geschäftsführer von AldiConsult, der bei dieser Gelegenheit seine Fähigkeit, Verzicht zu üben, vorführt und am Anfang seines Satzes die Artikel einspart. "Nur wer selber Sparen beherrscht, kann auch Unternehmen helfen, zu sparen, vor allem Personal." Das Aldi-Prinzip werde auch bei AldiConsult "konsequent" eingehalten, also Einkauf in großen Mengen, hohe Qualität, große Frische und alles so günstig, wie nur Aldi es kann. "Unsere Berater arbeiten für weniger als zehn Prozent, die üblich sind. Stunde Beratung von AldiConsult kostet nur 29,99 Euro", sagt Hövelke.

Dafür hat AldiConsult eigens 20.000 russische BWL-Absolventen angeworben. Jeder bekommt einen auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag. Honorar: 2,99 Euro pro Stunde. Nach zwei Jahren ist für die AldiConsulter dann schon Schluss, weil die Jungberater nur so lange frisch bleiben und bei ihrem Studium sowieso keine Kenntnisse erworben hätten, die länger halten würden.

Im Auftreten geben sich die AldiConsult-Mitarbeiter klassisch seriös. Bei den dunkelblauen Anzügen der Aldi-Berater handelt es sich um ausgemusterte Bestände von Schaffneruniformen der Deutschen Bahn, die sich dort im Laufe der letzten Jahre durch eingespartes Zugpersonal angesammelt hatten. Die Textilien mussten einfach nur umgenäht werden: Schulterklappen abtrennen, diverse Applikationen entfernen, fertig. "Haben wir in der Mongolei machen lassen, von Hand, 99 Cent die Stunde", sagt Hövelke und streicht liebevoll an den roten Streifen entlang, die alle Hosenbeine zieren. Auch die Dienstwagen der neuen Billigberater sind nach dem Aldi-Prinzip beschafft worden. "Unsere Logistik ist äußerst rationell", sagt Sven Hövelke, der sich in diesem Satz immerhin das verschwenderische "äußerst" leistet. Die AldiConsulter fahren jeweils zu zweit in 10.000 Fiat Pandas durch Deutschland. "Sind gebrauchte", sagt Hövelke. Übernachtet wird in der Jugendherberge, ein weiterer entscheidender Kostenvorteil.

Entsetzt reagiert Roland Berger (70), Deutschlands bekanntester Unternehmensberater und Doyen der Branche: "Das ist Lohndumping, das hat mit fairem Wettbewerb nichts mehr zu tun," klagt die "Beraterlegende" (manager magazin). "Einfach nur ruinös ist das, was die von Aldi da machen! Unsere Branche braucht einen Mindestlohn von 3.000 Euro pro Berater", meint Berger, ohne dabei einen wichtigen Zusatz zu vergessen: "Pro Tag." Berger schlägt vor, das Entsendegesetz, dessen Geltungsbereich zuletzt auf Reinigungsfachkräfte erweitert wurde, auch auf den Beruf des Unternehmensberaters auszudehnen. "Wir sind ja auch eine Art Putztruppe", glaubt Berger. "Aber in aller Bescheidenheit: Wenn wir säubern, hehe, dann geht die Post erst so richtig ab."

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