die wahrheit: Der homosexuelle Mann
Ist Teil einer medialen Verschwörung.
... ist Teil einer medialen Verschwörung. Beunruhigt melden sich die Menschen in diversen Internetforen zu Wort und beschwören eine Invasion der Perversen: "So langsam glaube ich, dass das ganze deutsche Fernsehen aus Schwulen besteht", befürchtet "Franckey", und ein gewisser "Northstar" ist entsetzt: "Schwul ist schick! Und wir Heteros haben die Arschkarte."
Jüngster Anlass für den Bammel vor der rosa Gefahr ist der Dschungelsieg von Ross Antony. Vom Start weg wurde der Popsänger ob seiner Heulattacken und Zitteranfälle im RTL-Urwald via Bild als "Dschungel-Memme" verspottet. Und just dieses Weichei hat nun die Survivor-Krone gewonnen, ein Imbiss mit Känguru-Arsch und Krokodilpenis brachten ihm den Sieg. Da bleibt der Spott nicht aus: "Die Prüfung mit dem Krokodilpenis dürfte ja eher ein Heimspiel gewesen sein", frozzelt einer im Netz: "War ja sicher nicht der erste Penis, den er im Mund hatte."
Ross Antony ist nur einer von vielen, langsam dämmert es dem TV-Publikum, die besten Plätze im Unterhaltungsgeschäft sind mit Schwulen besetzt: Dirk Bach moderierte die heiß umstrittene Kakerlakenshow bereits zum dritten Mal. Bei "Deutschland sucht den Superstar" siegte im vergangenen Jahr Mark Medlock, der seitdem nicht mehr von der Seite des bekennenden Heterosexuellen Dieter Bohlen weicht. Außerdem operiert da noch Frank Matthée als "Weddingplaner" bei ProSieben, und nicht zu vergessen die etablierte Garde mit Ralph Morgenstern, Georg Uecker und Thomas Hermanns. Auch Florian Silbereisen soll zur Innung gehören, das jedenfalls ließ sein Konkurrent Stefan Mross unlängst in einer Talkshow anklingen.
Die Krönung aber, das Tüpfelchen auf dem i, das Sahnehäubchen schlechthin erwartet uns heute im Vorabendprogramm der ARD: Bruce Darnell. Keiner gibt die TV-Tunte authentischer, keiner läuft so natürlich auf 14 Zentimetern, keiner spricht ein besseres Faggot-Deutsch. Ein schwarzer Schwuler mit Fallschirmspringervergangenheit soll den Deutschen guten Geschmack und charmante Umgangsformen beibringen. Nur: Mit dem "schwul", das ist so eine Sache. Noch gibt es dazu kein "Bekenntnis", noch kann der 50-jährige Choreograf aus New York nicht als "offen" apostrophiert werden. So müssen in den Vorabberichten zur Person juristisch einwandfreie Pirouetten gedreht werden, um das Augenfällige nicht einfach zu benennen. "... denn er ist wie der beste schwule Freund, dem man mehr anvertraut als der besten Freundin"., so drückt sich die Frankfurter Allgemeine um ein klares Wort. Fast wortgleich schiebt der Spiegel hinterher: "Frauen mögen ihn wie einen schwulen besten Freund." Vorsicht ist geboten, auf das "wie" kommt es an!
Der schwulen Gemeinde sind diese Zimperlichkeiten egal, mit Darnell ist sie endlich da, wo sie hingehört. Schwule sind die Speerspitze der Entertainment-Elite, ihr Selbstbild als "fun-society" wird endlich wahr. Das ist Balsam für die gebeutelte Minderheitenseele, und Beleidigungen perlen jetzt nur noch ab. Wie die von Dieter Bohlen, der kürzlich einem "DSDS"-Opfer die stimmliche Kompetenz eines Schweines nachsagte und den jungen Mann anschließend als "Vollschwuchtel" abfertigte.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Forscher über Einwanderungspolitik
„Migration gilt als Verliererthema“
Abschied von der Realität
Im politischen Schnellkochtopf
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine
„Wir sind nur kleine Leute“
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat