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die nachrichtMay startet überparteiliche Gespräche zum Brexit

Nach überstandener Vertrauensfrage im Parlament sucht die britische Premierministerin nun einen breiten Brexit-Konsens, den sie der EU vorlegen kann. Jeremy Corbyn macht nicht mit

Das Neue

Die britische Premierministerin Theresa May hat nach ihrer Niederlage bei der Abstimmung über ihren Brexit-Deal im Parlament Gespräche mit Oppositionspolitikern sowie ihren eigenen Brexit-Hardlinen aufgenommen. Bei den Beratungen am Donnerstag geht es um die Suche nach einem neuen Brexit-Plan, der im Parlament eine Mehrheit finden könnte. Zu den ersten Gesprächspartnern gehörten die Führungen der Grünen sowie der walisischen Nationalisten (Plaid Cymru). Auch Liberaldemokraten, schottische Nationalisten und zumindest einzelne Labour-Politiker wurden erwartet, nicht aber Labour-Chef Jeremy Corbyn, der seine Einladung zurückwies.

Der Kontext

Direkt im Anschluss an die parlamentarische Ablehnung ihres Deals am Dienstagabend hatte May überparteiliche Gespräche angekündigt. Gestärkt wurde sie am Mittwochabend dadurch, dass sie ein von Labour-Oppositionschef Jeremy Corbyn auf den Weg gebrachtes Misstrauensvotum mit 325 zu 306 Stimmen gewann und damit ihre eigenen Konservativen und die nord­irischen DUP-Protestanten hinter sich scharte. May trat noch in der Nacht vor ihrem Amtssitz vor die Kameras und erklärte: „Wir müssen alle konstruktiv zusammenarbeiten.“ Es müsse sowohl der Brexit garantiert als auch eine Mehrheit im Parlament gefunden werden.

Corbyn schwächte seine eigene Position weiter, als er sich am Mittwoch erst im Parlament beschwerte, dass er noch keine Einladung von May habe, dann eine bekam – und sie ablehnte. Grund: May wies seine Bedingung zurück, vor einem Gespräch einen No-Deal-Brexit kategorisch auszuschließen.

Die Reaktionen

Bei Labour sorgte Corbyns Gesprächsboykott für Kontroversen. „Anscheinend ist Corbyn bereit, mit Hamas, Hisbollah, Assad und Iran Gespräche ohne Vorbedingungen zu führen, aber nicht mit der britischen Premierministerin“, twitterte der Labour-Abgeordnete Mike Gapes. Er wurde sofort Opfer eines üblen Shitstorms: Ein anonymer Corbyn-Anhänger veröffentlichte ein vor Blut triefendes Tory-Parteilogo und verlangte, gegen Gapes „etwas zu tun, bevor es zu spät ist“.

Bei den Konservativen wurde gerätselt, ob May ihre bisherigen Brexit-Vorgaben aufweichen könnte. Es geht insbesondere um einen möglichen Verbleib Großbritanniens in der EU-Zollunion nach dem Brexit, was May bislang ausschließt. Die Oppositionsparteien wollen das, weil es Arbeitsplätze sichere. Konservative Brexit-Hardliner sind dagegen, weil es Großbritannien der EU-Außenhandelspolitik unterwerfe.

Die Konsequenz

Am Montag wird May vor dem Unterhaus eine Erklärung über den weiteren Kurs abgeben, in die erste Ergebnisse der Gespräche einfließen dürften. Eine volle Debatte und Abstimmung soll es am 29. Januar geben. Sollte das Parlament Mays neuen Vorschlag billigen, könnte sie damit zur EU gehen. Dass die EU neu verhandeln will, ist derzeit aber nicht in Sicht. Dominic Johnson

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