das wird: „Viele Areale einstiger Synagogen als Parkplätze genutzt“
Die Architekturhistorikerin Alexandra Klei spricht in Hamburg über die Rolle der städtebaulichen Leerstellen, an denen früher jüdische Gotteshäuser standen
Interview Petra Schellen
taz: Frau Klei, wann wurden in Deutschland die ersten Gedenkorte eingerichtet – da, wo zuvor Synagogen gestanden hatten?
Alexandra Klei: In Frankfurt am Main und in Düsseldorf gab es bereits 1946 erste Gedenktafeln. Für viele große und kleine Synagogen entstanden in den kommenden Jahrzehnten dann Erinnerungszeichen. Diese waren dabei nicht immer gut sichtbar.
Wie sahen die aus?
In Freiburg etwa ließ die Stadt in den 1960er-Jahren zunächst eine Tafel in eine Rasenfläche legen. In Hamburg wurde erst 1983 eine sehr kleine Tafel eingeweiht. Allerdings entstand hier 1988 mit Margrit Kahls „Synagogenmonument“ das erste Mahnmal in der Bundesrepublik, das sich in seiner Form unmittelbar auf die Synagoge bezieht und explizit die Leere, die aus dem Verlust resultiert, zum Gegenstand des Gedenkens macht. Das war ein großer Schritt in der Geschichte des öffentlichen Erinnerns.
Alexandra Klei
*1971, ist Architekturhistorikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für die Geschichte der deutschen Juden (IGdJ) in Hamburg.
Kahls Bodenmosaik ist auf dem früheren Bornplatz verlegt, wo die 1938 verwüstete und ein Jahr später abgetragene Bornplatzsynagoge stand – und der lange als Parkplatz diente. Im vergangenen Jahr erst bekam die Jüdische Gemeinde das Grundstück zurück. Ist dieser Umgang bezeichnend?
In der Tat sind in der Bundesrepublik viele Areale einstiger Synagogen von den Städten als Parkplätze genutzt oder überbaut worden. Dass jüdische Gemeinden die Grundstücke restituiert bekamen und Neubauten auf ihnen errichten konnten, blieb bis in die 1990er-Jahre die Ausnahme.
Mit dem geplanten Neubau – respektive einer Rekonstruktion der damals zerstörten Synagoge – verlasse man „die etablierten Vereinbarungen bundesdeutschen Erinnerns“, schreiben Sie.
Vortrag „Die Leerstelle als Erinnerung und Bauplatz. Zum Umgang mit den Orten zerstörter Synagogen am Beispiel des Bornplatzes in Hamburg“: Di, 6. 2., 18.30 Uhr, Hamburg, IGdJ, Beim Schlump 83. Anmeldung bitte an kontakt@igdj-hh.de
Das würde ich auf eine Vielzahl von Aspekten beziehen, unter anderem darauf, dass es bisher kein Beispiel für die Bereitschaft auf jüdischer und auf nichtjüdischer Seite gibt, einen so wichtigen Ort des Gedenkens an Verbrechen der Nationalsozialisten aufzugeben. Das ist ein bislang einmaliger Vorgang, der mit einigen anderen Entwicklungen darauf hindeuten könnte, dass sich unsere Erinnerungskultur verändert, weil es neue Bedürfnisse und Voraussetzungen gibt.
Philipp Stricharz, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde sagt, dass mit dem Synagogen-Neubau jüdisches Leben sichtbar werden und das Unrecht der Zerstörung aufgehoben werden soll.
Das ist die eine Seite und man muss dringend mehr darüber sprechen, in welcher Form das geschehen kann und was derartige Zuschreibungen eigentlich bedeuten. Bleiben wir aber bei dem „Synagogenmonument“. Dort finde ich einen anderen Punkt besonders problematisch: Allein die jüdische Gemeinde war bisher gefordert, das Verschwinden des Mahnmals zu begründen, nicht aber die nichtjüdischen, politischen Befürworter:innen des Neubaus. Dabei ist der heutige Joseph-Carlebach-Platz auch – vielleicht sogar mehrheitlich – ein nichtjüdischer Erinnerungsort, in dessen Bedeutung seit Langem ein Gedenken an die ermordeten Juden:Jüdinnen integriert ist.
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