piwik no script img

das wird„Raus aus der Außenseiter-Schublade“

Der neue „Salon Narrativ“ am Thalia Theater präsentiert deutsche Literatur von Migrant*innen

Interview Jonas Graeber

taz: Herr Ghunaim, heute beginnt der „Salon Narrativ“ am Thalia Theater. Was erwartet Be­su­che­r*in­nen?

Mohammed Ghunaim:Wir freuen uns auf den neuen Salon, den Amir Gudarzi eröffnen wird. Amir ist ein vielfach ausgezeichneter Wiener Autor, der 2009 aus dem Iran geflüchtet ist. Bekannt wurde er vor allem als Dramatiker, für die kommende Spielzeit ist er Hausautor am Nationaltheater Mannheim. „Das Ende ist nah“ ist sein erster Roman.

Wovon handelt das Buch?

Es ist die Geschichte eines jungen Mannes aus Teheran, der als kritischer Autor sein Land verlassen muss und nach Wien flieht. Dort wird er vom Künstler zum verachteten Flüchtling. Es geht um Gefühle wie Fremdheit und Außenseitertum, aber auch um Mut und die Kraft der Sprache und der Liebe.

Ist das die Art Literatur, die im Salon Narrativ besprochen wird?

Lesung „Das Ende ist nah“ mit Amir Gudarzi zum Auftakt des „Salon Narrativ“: heute, 20 Uhr, Thalia Nachtasyl, Hamburg, Alstertor 1

Es gibt viele hervorragende deutschsprachige Autor*innen, deren Werke wesentlich von postmigrantischen Erfahrungen geprägt sind. Wir wollen diese neue deutsche Literatur auf die Bühne bringen, ihre Stimmen und Ästhetiken, ihre Perspektiven und ihre Poesie in den literarischen Kanon aufnehmen. Die Werke gehören aus unserer Sicht einfach zur zeitgenössischen deutschen Literatur und sollen raus aus ihrer Außenseiter-Schublade. Dieses Narrativ möchten wir im Salon entwickeln.

Weil diese Perspektiven in der Literatur und am Theater fehlen?

Nicht unbedingt. Aber häufig werden sie auf Aspekte wie Flucht oder politische Verfolgung reduziert. Im Salon Narrativ wollen wir dem entgegenwirken.

Wie ist die Veranstaltung aufgebaut?

Mohammed Ghunaimgeboren 1991, hat in Damaskus Journalismus und Literatur studiert.2015 kam er nach Hamburg. Seit der Spielzeit 2020/21 ist er Referent für Diversität am Thalia Theater.

Für die Eröffnung haben wir uns eine szenische Lesung mit Musik vorgenommen. Roxana Safarabadi und Steffen Siegmund vom Thalia-Ensemble werden Texte aus Amirs Thearterstücken lesen. Ich selber werde Platten auflegen und in die Rolle eines Taxifahrers aus Aleppo schlüpfen. Außerdem wird mein Kollege Matthias Günther Amir zu seiner Arbeit befragen. Die verschiedenen Formate können die Erfahrungen und Perspektiven der Autor*in­nen hoffentlich in ihrer gesamten Vielfalt abbilden.

Gibt es schon weitere Termine?

Aktuell planen wir weitere Veranstaltungen mit Au­to­r*in­nen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen