big in japan: FRANK KETTERER trifft deutsche Fans
„Klose ist halt weiß“
Es war auf dem Weg nach Sapporo und reiner Zufall, dass wir uns trafen. Ins Gespräch gekommen sind wir dann doch miteinander, weil es ja eine spannende Geschichte sein kann, zu erfahren, warum jemand so eine weite Reise macht und dabei so viel Geld ausgibt, nur um ein paar Kickern bei der Arbeit zuzusehen. Natürlich war auch die Reisegruppe aus München wegen des Fußballs im Allgemeinen und der deutschen Mannschaft im ganz Speziellen ins Land des Lächelns gereist, darüber hinaus erhofften sich Thomas, Marko, Hans-Peter, der in der Szene als „Elfer“ bekannt ist, und Dirk „jede Menge Gaudi“ – und ein bisschen auch, eine „fremde Kultur“ kennen zu lernen, so jedenfalls haben sie es erzählt. Dafür hatte jeder von den Jungs jeden Monat 300 Mark ins gemeinsame WM-Sparschweinchen gesteckt, knappe vier Jahre lang – nur um sich den Trip nach Nippon auch ja leisten zu können.
Das ist durchaus löblich: Dass ein paar junge Männer emsig sparen, um auf Bildungsreise gehen zu können, und auch, dass sie dabei ein Deutschlandtrikot tragen und ihr Atem ein bisschen nach Bier mieft, ist noch nicht wirklich schlimm. Nein, nein, so weit ist die Geschichte von der bayerischen Reisegruppe wirklich noch okay. Dann aber erzählt Dirk, dessen Deutschlandtrikot von der ganzen Reiserei schon ein paar Flecken abbekommen hat, dass man zwischenzeitlich einmal aufgehört habe, die Sparsau mit Futter zu versorgen – und man denkt automatisch, dass das wohl rund um den letzten November gewesen sein muss, in jener Zeit also, in der es nicht gut stand um Rudis Rumpelfüßler und sie nachsitzen mussten in der Qualifikation für das große Fest. Da schüttelt Dirk aber den Kopf, grinst ein bisschen und sagt schließlich, dass das damit nichts zu tun gehabt habe, sondern ausschließlich mit einem deutschen Spieler. Mit Gerald Asamoah. „Ich mag in der deutschen Nationalmannschaft keine Schwarzen haben“, sagt Dirk, wortwörtlich. Und das ist der Moment, in dem die Geschichte von der Münchner Reisegruppe gar nicht mehr schön ist.
Um das klarzustellen: Die jungen Männer, von denen hier die Rede ist, sind keine Hooligans, sondern nur das, was man gemeinhin ganz normale Fußballfans nennt. Wahrscheinlich sind sie noch nicht einmal sonderlich braun angehaucht, sondern einfach nur Durchschnitt, durchschnittliche deutsche Fußballfans auf Kultur- und Bildungsreise. Und mit ihrer Meinung über Gerald Asamoah, so jedenfalls behauptet es Dirk, dem Thomas, „Elfer“ und Marko kopfnickenderweise zustimmen, stünden sie auch nicht alleine. „Die anderen Fans“, sagt Dirk, „denken genauso. Nur darf es nicht ausgesprochen werden. Wegen der Vergangenheit.“ Und vielleicht hat es mit dieser Vergangenheit ja auch zu tun, dass die vier es weit weniger tragisch finden, dass Miroslav Klose, dessen Vater Pole ist, für Deutschland spielt, und das nicht nur, weil er in einem Spiel drei Tore schießen kann. Bei Klose sei das doch was anderes, erklärt Dirk jedenfalls, „ganz ’ne andere Mischung“, sagt Dirk ernstlich: „Der ist halt weiß.“ Es ist der Moment, in dem man es zutiefst bedauert, die vier Fußballfans aus Deutschland jemals getroffen zu haben.
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