Zweiter Wahldurchgang in Frankreich: Le Pen geht leer aus
Der Front National hat doch keine Region erobern können. Die WählerInnen der Sozialisten haben ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht.
In diesen beiden Regionen verdanken also die bürgerlichen Listen der vereinten Konservativen und Zentristen ihren klaren Erfolg auch der Mobilisierung der linken Wählerschaft. Die regierenden Sozialisten, die sich für die Stichwahlen in mehreren Regionen mit den Grünen verbündet hatten, schneiden fast wider Erwarten gut ab. Sie behalten immerhin fünf Regionen. Die Linke bleibt stark im Südwesten und in der Bretagne. Sieben Regionen gehen an die Bürgerlichen, darunter auch die Hauptstadtregion Ile de France. In Korsika gelang den Nationalisten in einer komplizierten Stichwahl mit vier Listen der Sieg mit einem Stimmenanteil von 36%.
Am ersten Wahltag war es vor allem dem FN besser als den anderen Parteien gelungen, die eigenen Sympathisanten zu mobilisieren und Spitzenergebnisse zu erzielen. Am zweiten Wahlsonntag kam als stärkere Gegenbewegung die Abwehrreaktion gegen den FN. Es war eine Reaktion aus Angst, dass diese von einer Demagogin geführte Extremistenpartei in Regionen an die Macht gelangen könnte, deren Bevölkerungsgröße mit der von Ländern wie Dänemark vergleichbar ist.
Das gute oder schlechte Image einer Region kann darüber entscheiden, ob sich eine ausländische Firma dort niederlassen wird oder nicht. Das hat offenbar vielen Wählern zu denken gegeben. Marine Le Pen sprach dagegen wütend von einer „Kampagne der Verleumdung“.
Stimmstärkste Einzelpartei Frankreichs
Für den FN aber ging es bei dieser zweiten Wahlrunde um mehr als nur ums Prestige. Diese Partei hatte schon 2014 bei der Europawahl mit einem Ergebnis von mehr als einem Viertel der Stimmen Aufsehen erregt, dann im selben Jahr bei den Kommunalwahlen mehrere Städte unter ihre Kontrolle gebracht und den Vormarsch zur stimmenstärksten Einzelpartei Frankreichs im März dieses Jahres bestätigt, als ihre Listen in 71 von hundert Départements bei den Nachwahlen im ersten Durchgang in Führung lagen. I
m ersten Durchgang der Regionalwahlen vor einer Woche hatte der FN mit einem landesweiten Durchschnitt von 28% und Spitzenergebnissen von mehr als 40% in Nordfrankreich und im Südosten nochmals zugelegt.
In diesen beiden Regionen, Nord-Pas-de-Calais-Picardie und Provence-Alpes-Côte d‘Azur, hatten die Sozialisten schließlich ihre Listen zugunsten der bürgerlichen Gegner zurückgezogen. Im Nordosten dagegen, in der Region Elsass-Lothringen-Champagne-Ardennen weigerte sich der linke Spitzenkandidat, wie von der Parteizentrale verlangt, aus Angst vor einem drohenden FN-Sieg das Handtuch zu werfen. Auch dort konnte der FN aber gerade noch ausgebremst werden.
Aus den Resultaten in den 13 Regionen wird man auch weitere Hinweise zur politischen Entwicklung Frankreichs herauslesen. Die Regionalwahlen waren die letzte politische Hauptprobe vor der Präsidentschaftswahl von 2017, bei der sich Marine Le Pen nicht mehr mit der Rolle der Spielverderberin begnügen will. Das nächste Mal geht es für sie ums Ganze. Im Streben um die Macht haben die Regionalwahlen sie nur bestärkt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen