piwik no script img

Zweifelhafte WM-Vergabe 2006Intimfeindschaft unter Männern

DFB-Chef Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger nutzen die Fragen zum „Sommermärchen“, um sich zu diskreditieren. Antworten gibt keiner.

Ach, schön, als sie noch Freunde waren, im Präsidum des Komitees für die WM: Horst R. Schmidt, Theo Zwanziger, Franz Beckenbauer und Wolfgang Niersbach (v.l.) Foto: dpa

Eigentlich war dieser Dienstag ja ganz anders geplant. Auf der außerordentlichen Fifa-Exekutiv-Sitzung in Zürich wollte sich der DFB-Chef Wolfgang Niersbach als Vertreter des deutschen Fußballs, als moralische Instanz also, für mehr Transparenz im Weltverband einsetzen. Drunter und drüber geht es dort ja zu.

Ein Möchtegernnachfolger von Sepp Blatter nach dem anderen wird derzeit aufgrund staatsanwaltschaftlicher und verbandsinterner Ermittlungen zu Fall gebracht. Die Suche nach einer unbescholtenen Führungsperson gleicht der nach der Nadel im Heuhaufen. Die Bild-Zeitung hat deshalb jüngst Niersbach, der einst für den Springer-Verlag gearbeitet hat, als möglichen Fifa-Chef in Stellung gebracht.

Die Situation schien wie geschaffen für einen Karrieresprung. Zur Verhandlung stand am Dienstag schließlich auch das Schicksal von Uefa-Chef Michel Platini, der trotz seiner Suspension durch die Fifa-Ethikkommission wegen eines dubiosen mündlichen Beratervertrags mit Blatter weiterhin an seinem Ziel festhält, den Weltfußball als Präsident wieder auf den rechten Weg zu bringen. Der Entscheid des Exekutivkomitees vom Dienstag, die für den 26. Februar 2016 terminierte Fifa-Präsidentschaftswahl nicht zu verschieben, dürfte für den verbannten Platini allerdings das Aus bedeuten.

Nach Ende der Bewerbungsfrist müsste sich der Fifa-Verbannte schon am 26. Oktober einem Integritätscheck stellen. Eigentlich hätten diese Entwicklungen Niersbach gestärkt.

Niersbach verwehrt sich gegen die Behauptung, es sei Schwarzgeld geflossen.

Nur fand der sich in der Schweiz plötzlich auch auf der Anklagebank vor, weil das Nachrichtenmagazin Der Spiegel zu viele Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 an Deutschland aufdeckt hatte. Die im Jahre 2005 getätigte Zahlung des deutschen WM-Organisationskomitees von 6,7 Millionen Euro an die Fifa bleibt bis heute rätselhaft.

Der Spiegel hatte am Wochenende anhand von Indizien die Schlussfolgerung nahegelegt, dass es sich dabei um zurückgezahltes Schwarzgeld handelte, das man zum Stimmenkauf vom Unternehmer Robert Louis-Dreyfus erhalten habe und welches der Weltverband an den Spender wieder zurücküberwiesen habe. Eine entsprechende Kontobewegung wurde belegt. Niersbach indes verwehrt sich gegen die Behauptung, es sei Schwarzgeld geflossen. Die Millionen sollen fürs WM-Kulturprogramm gedacht gewesen sein. Verwendet, so räumt man beim DFB inzwischen ein, wurde es für diesen Zweck indes nicht. Wer aber wusste wann was? Und warum ging man der Sache nie nach?

Diese zentralen offenen Fragen werden von Niersbach und seinem Vorgänger Theo Zwanziger mittlerweile dazu instrumentalisiert, ihre Intimfeindschaft auf ein neues Niveau zu heben. Zwanziger, den viele beim DFB für den Whistleblower des Spiegels halten, ließ durch seinen Anwalt erklären, er dränge Niersbach bereits seit drei Jahren zur Aufklärung. Der amtierende DFB-Chef wiederum, der von der Zahlung erst diesen Sommer erfahren haben will, erwägt nun, über den Verband eine Strafanzeige wegen Untreue gegen Zwanziger zu stellen, da dieser als damaliger Schatzmeister und Mitglied des Organisationskomitees für die WM 2006 angeblich für die Überweisung zuständig gewesen sein soll.

Männerfreundschaften und das System Korruption

Männerfreundschaften, bei denen es weniger Worte und erst recht gar keiner Verträge bedarf – wie der Fall der einst Verbündeten Blatter und Platini zeigt – scheinen das System der Korruption gestärkt zu haben. Männerfeindschaften, die gedeckelt wurden, beschleunigen nun den Zusammensturz der Strukturen.

Am Dienstag erhielten indes die Karrierepläne eines weiteren Fußballfunktionärs einen herben Dämpfer. Gegen Asiens Fußball-Chef Scheich Salman bin Ibrahim al-Khalifa, der ebenfalls sein Interesse am Fifa-Chefposten bekundet hatte, ermittelt nach Kicker-Informationen auch die Ethikkommission des Weltverbandes. In seinem Heimatland Bahrain soll er 2011 zur Inhaftierung von Demonstranten aus dem Fußball-Bereich beigetragen haben. Auch auf Anweisung des Scheichs seinen sie dann im Gefängnis gefoltert worden. Darauf machte die bahrainische Menschenrechtsorganisation Bird schon 2014 den damaligen Fifa-Chefermittler Michael J. Garcia (USA) aufmerksam. Konsequenzen wurden erst jetzt eingeleitet.

Kurz zuvor hatte Scheich al-Khalifa noch erklärt, er sei „von einer wachsenden Zahl von führenden Fußball-Funktionären, Fifa-Mitgliedern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“ zur Bewerbung aufgefordert worden. In den letzten Wochen hatte der Scheich tatkräftig Michel Platini unterstützt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Wenn man die schon jahrelangen Vermutungen über das fürchterliche „Gemauschel“ im Weltdachverband verfolgt hat und sich mit Lesermeinungen auch an den Diskussionen durch die immer wieder neuen schlimmen Meldungen über die kuriosen Verfehlungen der dortigen Protagonisten, trotz des Vorhandenseins einer riesigen Ethikkommission, ständig beteiligt, besteht die Gefahr, sogar als „Wichtigtuer“ bezeichnet zu werden! So soll es aber nicht sein.

     

    Der als strafbar einzustufende „Millionendeal“ zwischen den beiden „Bla und Pla“, der im Nachhinein auch von beiden zugegeben wurde, ist zumindest für mich der vorläufige Höhepunkt und gleichzeitig das Ende meines Interesses für diese sich vermutlich auflösende FIFA!

     

    Das Bekanntwerden eventueller „Unregelmäßigkeiten“ bei mysteriösen Geldübermittlungen in Verbindung mit unserem WM-Sommermärchen 2006 brachte unseren DFB-Chef Niersbach natürlich völlig durcheinander und versetzte damit auch die deutsche Öffentlichkeit in ungewollte Aufregung, zumal auch der „Kaiser“ davon etwas gewusst haben muss und ohnehin durch seine zurückhaltende Bereitschaft der Zusammenarbeit mit der FIFA-Ethikkommission wegen anderen WM-Vergaben unmittelbar vor ihr vorzunehmenden und für ihn sicherlich unangenehmen Entschlussfassung steht.

     

    Obwohl bei der Fahndung nach dem Verbleib des Geldes bisher noch nicht die echten Beweise vorliegen, riecht es hier gleich mehrfach nach Betrug, weil auch die entsprechenden Bilanzeintragungen, trotz der angeblich halbjährigen fieberhaften Suche nicht zu finden sind......

  • Wenn Herr Theo Zwanziger tatsächlich der Whistleblower wäre, wäre das gut so.

    Es fehlt noch ein lebensmüder Whistleblower der Interna über den großen FC Bayern aus Bayern berichtet.

  • Irgendwie erinnert mich das Machtgerangel um Blatters Nachfolge an eine Mafia-Organisation die einen neuen Paten sucht.

    Unter den "Ehrenmännern", ob nun bei der Mafia oder der FIFA wird man keinen finden der sich nicht irgendeines Verbrechens schuldig gemacht hat.

    Sind wir Deutschen wirklich so dämlich und denken das alle Meisterschaften gekauft und ergaunert wurden außer unserer?