piwik no script img

Zweifel an IT-SicherheitAllianz gibt Kundendaten ab

Der Versicherer will Daten von 78 Millionen Menschen künftig von IBM verarbeiten lassen. Datenschützer warnen vor Geheimdienstzugriff.

Die Allianz will sparen - und könnten die Sicherheit ihrer Kundendaten aufs Spiel setzen. Bild: ap

HAMBURG taz | Die Allianz-Versicherung will ihre Rechenzentren in fremde Hände geben. Als Betreiber steht nach taz-Informationen der amerikanische IT-Konzern IBM kurz vor dem Zuschlag. „Wir wollen unsere derzeit mehr als 140 Rechenzentren weltweit in sechs regionalen Standorten zusammenführen“, bestätigte eine Sprecherin der Allianz in München.

Dazu will der wohl finanzstärkste Versicherungskonzern der Welt die Bereiche Technologie und Rechenzentren in „einem einheitlichen IT-Infrastrukturbetrieb“ bündeln. Für den Betrieb der Rechenzentren dürfte die in der Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE) geführte Allianz SE „eine langfristige, globale Partnerschaft“ eingehen.

Der strategische Partner soll über große Erfahrungen beim Aufbau und Betrieb globaler IT-Strukturen verfügen. „Dazu sind wir nun mit IBM in exklusive Verhandlungen getreten“, teilte die Konzernsprecherin auf Anfrage mit. Die Verhandlungen sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.

Datenschützer in Deutschland sorgen sich schon heute um die Sicherheit der hochsensiblen Informationen, die Rückschlüsse auf die Finanzen der Allianz-KundInnen zulassen – und warnen vor Spähern etwa des US-Geheimdienstes NSA. „Riskant und unverantwortlich“ sei es, die Daten von 78 Millionen Kunden weltweit einem US-Konzern anzuvertrauen, sagt Thilo Weichert, Landesbeauftragter für Datenschutz in Schleswig-Holstein. „Es ist nach der augenblicklichen Rechtslage möglicherweise sogar unzulässig.“

Weichert ist zugleich Vorsitzender der bundesweiten „Arbeitsgemeinschaft Versicherungswirtschaft“ der Datenschützer. Die Verarbeitung von deutschen Kundendaten in einer sogenannten Cloud sei einem deutschen Unternehmen grundsätzlich verboten, wenn die IT-Wolke mit Rechenzentren in Ländern verbunden ist, in denen kein effektiver Datenschutz bestehe, sagt er: „Angesichts der Erkenntnisse um die Ausspähaktionen durch US-Geheimdienste wäre es unverantwortlich, europäische Kundendaten in den USA verarbeiten zu lassen.“

Daten auch für Steuerbehörden interessant

Ob konzerninterne Regeln einen Zugriff von ausländischen Behörden ausschließen, müsse dagegen bezweifelt werden: Geheimdienste wie die NSA beschafften sich bei Bedarf Zugang zu sensiblen Versicherungsdaten – zumal diese auch für die US-Steuerbehörden interessant seien. Solche Datenschutzverletzungen könne die Allianz nicht ausschließen, warnt Weichert.

Der in mehr als 70 Ländern tätige Versicherungsriese steht trotzdem zu seinem Geschäftsmodell, das über die Vernichtung von 560 Jobs Kosten sparen soll: „Die Allianz wird die Gesamtverantwortung sowie das Design und die Datenhoheit behalten“, so die Sprecherin. IBM liefere lediglich „operative Services“. Dem Allianz-Vorstand sei der Schutz der Daten ihrer Kunden, Geschäftspartner und Mitarbeiter immerhin „wichtig“.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • K
    Krankenversicherungen

    Der Allianz kann man entkommen, auch wenn die Gefahr besteht, dass dieser Konzern ein anderes Versicherungsunternehmen irgendwann mal aufkauft und so an die Daten der Kunden kommt.

     

    Entkommen kann man aber nicht der Sauerei, die die Krankenversicherungen und das Bundesgesundheitsministerium durchziehen: http://stoppt-die-e-card.de/

    Wieso berichtet die taz nicht mal darüber detailliert? Oder eine andere Zeitung? Vielleicht habt ihr noch immer die Hoffnung, dass das nicht so schlimm kommen wird wie es geplant ist? Glaubt ihr wirklich, so wie ein naives Sozialgericht in Berlin, dass es eine Möglichkeit geben wird, die zentrale Speicherung der Patientenakten auf Wunsch zu verhindern? Oder fehlt Euch die Erlaubnis zu recherchieren und zu berichten?

    • G
      Gästin
      @Krankenversicherungen:

      @ Gast von Gästin:

      siehe auch de-pay.de und hmm-deutschland.de

       

      Da verschachern schon lange die Krankenkassen, die SanitätshausmitarbeiterInnen und deren Chefs, Sozialstationen, Heime von Behinderten die Gesundheits- und Sozialdaten, und müssen hierfür ordentlich blechen, an HMM Deutschland (eine private Bude im Rheinland) und die verschleudern auch die Gesundheits- und Sozialdaten via de-pay und anderswohin.

  • SU
    Stasi-Konzerne unter sich

    Allianz-verunsichert.

    Die Allianz- und IBM-BossInnen bitte alle ausforschen und beschatten!!!!!!!!!!!!!!!!

    Eigenversuch macht kluch, liebe Allianz- und IBM Stasi!