Zwei Polizist:innen getötet: Schützen waren wohl Wilddiebe
Nach den tödlichen Schüssen auf einen Polizisten und eine Polizistin sind zwei Tatverdächtige in Haft. Sie wollten mutmaßlich Wilderei vertuschen.
Es war eigentlich eine Routinekontrolle. Zwei Funkstreifen und ein Zivilfahrzeug waren in der Nacht zum Montag im Kreis Kusel unterwegs, um eine Serie von Eigentumsdelikten aufzuklären. Kurz nach vier Uhr morgens meldete die Zivilstreife der Zentrale, dass bei der Kontrolle eines Autos auf dessen Ladefläche tote Wildtiere gefunden worden seien. Wenig später folgte ein Hilferuf. „Die schießen auf uns!“, war der letzte Funkspruch der Zivilstreife. Als wenig später Verstärkung am Tatort eintraf, war die 24-jährige Polizeianwärterin bereits tot, ihr 29-jährige Kollege nicht mehr ansprechbar. Er verstarb wenig später.
Die Polizei geht davon aus, dass beide Tatverdächtigen geschossen haben. Die eine sichergestellte Waffe war danach ein Einlader-Jagdgewehr, das nach jedem Schuss neu geladen werden muss, die zweite eine zweiläufige Schrotflinte. Die Getöteten wurden von insgesamt fünf Schüssen getroffen. Die Verdächtigen besaßen weder ein Waffen- noch einen Jagdschein.
Der 38-Jährige war der Polizei bekannt. Gegen ihn war wegen Fahrerflucht ermittelt worden. Er hatte am Tatort Führerschein und Personalausweis hinterlassen. Deshalb konnte er noch am Montag festgenommen werden. Sein Komplize befand sich im gleichen Haus.
Hass gegen Polizei im Netz
Oberstaatsanwalt Udo Gehring nannte die Tat bei einer Pressekonferenz am Dienstag verstörend. Es gehöre „nicht zu unserer Vorstellung von Deutschland“, dass Polizeibeamte bei einer Kontrolle von Wilddieben niedergeschossen würden. Polizeivizepräsident Heiner Schmolzi beklagte den blinden Hass, mit dem immer wieder Polizeibeamte angegriffen würden. Gleichzeitig berichtete die Polizei bei dieser Pressekonferenz aber auch von einer „unfassbar großen Welle der Anteilnahme“.
Neben den vielen Beileidsbekundungen aus dem ganzen Land sorgten allerdings gewaltverherrlichende Stellungnahmen im Netz, vor allem aus der Szene der „Querdenker“ und „Spaziergänger“, für Empörung. „Die Herrschaften sollten sich mal die Frage gefallen lassen, warum sie sich nicht um die eigentlichen Polizeiaufgaben kümmern, nämlich Verbrecher jagen und festnehmen anstatt Handlanger der verbrecherischen Regierungen zu spielen“, schreibt J. „Zwei weniger bei den Spaziergängen“ schreibt M., T applaudiert: „Tja, selber Schuld!“ „2 Söldner weniger“, schreibt H.
„Unerträglich“ nennt Bundesjustizminister Marco Buschmann, FDP, solche Kommentare. „Wer eine Straftat öffentlich billigt, macht sich strafbar. Wir müssen den Fahndungsdruck im Netz erhöhen“, so der Minister auf Twitter. Am Montag hatte der Kuseler Landrat Otto Rubly, CDU, an die „Querdenker“-Szene appelliert, wenigstens an diesem Tag auf die „Montagsspaziergänge“ in Kusel und Waldmohr zu verzichten; die Polizeikräfte seien durch die Fahndung gebunden. Immerhin zeigte diese Aufforderung Wirkung. In den beiden Städten fanden sich am Abend jeweils gerade einmal 20 Personen zur Demonstration gegen die Corona-Politik ein.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Tod von Gerhart Baum
Einsamer Rufer in der FDP-Wüste
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?