Zwei Jahre Krieg gegen die Ukraine: Russische Drohne verfolgt Baerbock
Außenministerin Annalena Baerbock hat ihren Besuch in der Südukraine abgebrochen. Es wurde eine russische Aufklärungsdrohne gesichtet.
Baerbock im Visier der russischen Besatzer
Außenministerin Annalena Baerbock hat den Besuch eines Wasserwerks in der südukrainischen Stadt Mykolajiw wegen einer russischen Aufklärungsdrohne vorzeitig abbrechen müssen. Das teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Sonntag am Rande der Reise der Grünen-Politikerin mit. Die Delegationsmitglieder waren zuvor aufgefordert worden, rasch in die gepanzerten Fahrzeuge von Baerbocks Kolonne zurückzukehren.
Hintergrund: Es wurde eine russische Aufklärungsdrohne gesichtet, die auch den Bereich des Wasserwerks überflog. Auf solche Drohnen folge in der Regel ein direkter Luftangriff, hieß es. Die Drohne folgte der Kolonne Baerbocks demnach zunächst, drehte dann aber ab. In Bewegung bleiben sei in dieser Situation die sicherste Option gewesen, hieß es weiter. Kurze Zeit nach der Abfahrt der Kolonne Baerbocks gab es tatsächlich Luftalarm in der Region Mykolajiw. Nach einer guten Viertelstunde wurde der Alarm wieder aufgehoben. (dpa)
Baerbock überbringt sprachliches Gastgeschenk an Ukraine
Die Bundesregierung ändert in ihrem amtlichen Sprachgebrauch die Schreibweise der ukrainischen Hauptstadt: Künftig wird nicht mehr von Kiew die Rede sein – sondern von Kyjiw. „Wir haben das vollzogen, was längst überfällig war: die Schreibweise Eurer Hauptstadt in der ukrainischen Sprache“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Samstag bei einer Pressekonferenz mit ihrem Kollegen Dmytro Kuleba in der ukrainischen Hafenstadt Odessa.
Die Ukraine hatte lange um eine Änderung der deutschen Schreibweise gebeten, um dem ukrainischen Namen der Hauptstadt näher zu kommen. Die Schreibweise „Kiew“ lehnt sich nach ukrainischer Lesart zu sehr an die russische Sprache an.
Der ukrainische Außenminister dankte für die sprachliche Neuregelung. „Wir haben viele Jahre dafür gekämpft, dass die Ukraine nicht durch die russische Sprache betrachtet wird“, sagte Kuleba. „Ich danke allen, die für geschichtliche Gerechtigkeit kämpfen – auch in kleinen Details.“
In einem weiteren Punkt herrscht sprachlich allerdings weiter Uneinigkeit zwischen Deutschland und der Ukraine. Kuleba bat seine Kollegin, den Namen der Hafenstadt Odessa künftig mit nur einem „s“ schreiben zu lassen – so wie im Ukrainischen. Baerbock entgegnete, dass hier der „Teufel im Detail“ stecke. „Mit nur einem ‚s‘ würden wir es in Deutschland anders aussprechen“, gab sie zu bedenken – nämlich mit langem „e“. Die Ministerin resümierte: „Das müssen wir noch weiter diskutieren.“ (afp)
Scholz ruft wegen Ukraine-Krieg zu Rückkehr zu Politik der Abschreckung auf
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat zum zweiten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine zu einer Rückkehr zur Politik der Abschreckung aufgerufen und eine Stärkung der Verteidigungsfähigkeit in Deutschland und Europa gefordert. Zugleich sicherte Scholz in einer Videobotschaft am Samstag der Ukraine weitere deutsche Unterstützung zu. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warf Russlands Machthaber Wladimir Putin Eroberungslust und fehlende Friedensbereitschaft vor.
„Zusammen mit unseren Verbündeten müssen wir so stark sein, dass niemand es wagt, uns anzugreifen“, mahnte Scholz. „Ohne Sicherheit ist alles andere nichts. Ohne Sicherheit keine Freiheit, keine Demokratie und keine Menschenrechte“, sagte der Kanzler. Diese Sicherheit müsse verteidigt werden „mit Entschlossenheit und mit Augenmaß“.
„Wir unterstützen die Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung – und zwar so lange wie nötig“, betonte Scholz, ohne näher ins Detail zu gehen. Mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg attackiere Russland nicht nur die Ukraine, „sondern zerstört die Friedensordnung in Europa“, sagte er in dem Video-Podcast „Kanzler Kompakt“. Dazu gehöre der Grundsatz, „dass man Grenzen nicht mit Gewalt ändert“.
Aber auch Deutschland und Europa „müssen noch mehr tun, damit wir uns wirksam verteidigen können“, betonte der Kanzler. „Abschreckung, Verteidigungsbereitschaft“, dies seien Worte, „die wir in Deutschland so lange nicht gebraucht haben, dass wie fast in Vergessenheit gerieten“. Sie stünden jetzt aber wieder „für eine ganz wichtige Aufgabe“, zur Verteidigung von „Frieden in Europa“.
„Deutschland investiert in diesem Jahr erstmals seit Jahrzehnten zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung in die Verteidigung. Und dabei wird es auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten bleiben“, versicherte der Bundeskanzler. Zudem müssten die europäischen Staaten ihre Anstrengungen bündeln: „Die wichtigsten Waffensysteme und vor allem auch Munition müssen kontinuierlich vom Band laufen.“ Dies koste Geld, aber gleichwohl sei dies „der richtige Weg“. (afp)
Kritik an Waffenlieferungen für die Ukraine werden scharf zurückgewiesen
Baerbock schrieb in einem Gastbeitrag für die „Bild“-Zeitung: „So erschütternd es ist: Putin will keine Verhandlungen. Er will keinen Frieden – er will Eroberungen.“ Den russischen Machthaber rief sie auf: „Ziehen Sie Ihre Truppen zurück. Beenden Sie diesen Krieg. Dann wäre morgen Frieden.“ Zudem müsse Russland die dorthin verschleppten ukrainischen Kinder freilassen.
Scharf wies die Außenministerin Kritik an Waffenlieferungen für die Ukraine zurück. Wer behaupte, dass Waffenlieferungen den Krieg verlängerten, „spielt Putin in die Hände“, warnte sie. „Deutschland stehe an der Seite der Ukraine, „solange ihr uns braucht. Solange, bis ihr eure Zukunft wieder in Frieden gestalten könnt„, schrieb Baerbock zudem im Online-Dienst X.
Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hat die deutsche Unterstützung für die Ukraine gelobt, hält diese jedoch nicht für ausreichend. „Die Regierung tut immer noch nicht genug. Sie ist weiterhin zu zögerlich bei der Lieferung von Munition und Waffen“, sagte Gauck dem Magazin „Spiegel“. Er verwies dabei unter anderem auf die ausbleibende Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper.
Auf stärkere Verteidigungsanstrengungen Deutschlands und Europas drangen mit Blick auf den Ukraine-Krieg auch CDU-Chef Friedrich Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Das Ziel müsse sein, die Europäische Union zu einer „echten Verteidigungsunion“ weiterzuentwickeln, schrieben beide in einem gemeinsamen Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. (afp)
Baerbock kündigt in Ukraine Aufstockung der humanitären Hilfe an
Am zweiten Tag ihres Besuchs in der Ukraine hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) eine Aufstockung der humanitären Hilfe aus Deutschland angekündigt. Die Mittel zur Unterstützung der Zivilbevölkerung würden um 100 Millionen Euro auf einen Gesamtbetrag von einer Milliarde Euro angehoben, sagte Baerbock am Sonntag bei einem Besuch in der frontnahen ukrainischen Stadt Mykolajiw. Mit dem Geld solle die Widerstandskraft der Ukrainerinnen und Ukrainer im Kampf gegen die russischen Invasoren gestärkt werden.
Russlands Präsident Wladimir Putin wolle „dieses Land zermürben, und genau das lassen wir nicht zu – weder militärisch noch wirtschaftlich noch humanitär“, sagte Baerbock vor dem ehemaligen Sitz der Regionalverwaltung, der kurz nach Kriegsbeginn 2022 durch russische Raketen schwer beschädigt worden war.
„Der blanke Terror des russischen Präsidenten setzt auf Zermürbung“, sagte sie weiter. „Er setzt darauf, dass die Furchtbarkeit dieses Krieges irgendwann dazu führt, dass die Menschen hier vor Ort resignieren oder die internationale Gemeinschaft resigniert – und genau das werden wir nicht tun.“
Die Menschen in der Ukraine könnten sich auf die Hilfe aus Deutschland verlassen. Der Bundesregierung sei es „wichtig, dass wir nicht nur unsere militärische Hilfe fortsetzen, sondern wir werden vor allem auch unsere humanitäre Hilfe, den Wiederaufbau, fortsetzen“. In diesem Zusammenhang verwies sie auch auf die für Juni geplante Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine in Berlin.
Baerbock war am Samstag – dem zweiten Jahrestag des russischen Überfalls – zu einem Besuch im Süden der Ukraine eingetroffen. Die Visite in der Stadt Mykolajiw nahe der Front ist die zweite Station der vorab nicht angekündigten Reise. (afp)
Nawalnys Team: Leichnam des Kreml-Kritikers wurde an seine Mutter übergeben
Mehr als eine Woche nach seinem Tod ist der Leichnam des in Haft gestorbenen russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny nach Angaben seiner Sprecherin an dessen Mutter übergeben worden. „Alexejs Leiche ist seiner Mutter übergeben worden“, erklärte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmisch am Samstag im Onlinedienst X, ehemals Twitter. Die G7-Staaten forderten von Moskau eine lückenlose Aufklärung der Umstände von Nawalnys Tod.
Jarmisch dankte allen, die die Freigabe des Leichnams „mit uns gefordert haben“. Zehntausende Russen hatten eine entsprechende Petition unterschrieben, Persönlichkeiten aus dem Kulturbereich veröffentlichten Videobotschaften mit der Forderung.
Der Tod des seit Jahren in Russland inhaftierten Nawalny war am Freitag vergangener Woche bekannt gegeben geworden. Er starb in einem Straflager am Polarkreis im Alter von 47 Jahren. Nawalnys Mutter Ljudmila Nawalnaja hatte erst am Donnerstag Zugang zu dessen Leiche erhalten.
Nawalnys Witwe Julia hatte dem russischen Präsidenten Wladimir Putin noch am Samstag in einer Videobotschaft vorgeworfen, die Leiche ihres in der Haft gestorbenen Mannes als „Geisel“ genommen zu haben. „Ihr habt ihn zu Lebzeiten gefoltert, jetzt foltert ihr ihn nach seinem Tod“, sagte Julia Nawalnaja.
Jarmisch zufolge drohten russische Ermittler damit, die Leiche Nawalnys auf dem Gelände der Strafkolonie zu begraben, in der er gestorben ist, wenn seine Familie einer geheimen Beerdigung nicht zustimme.
Sie wisse noch nicht, ob „die Behörden verhindern werden, dass der Ablauf (der Trauerfeier) so abläuft, wie die Familie es wünscht und wie Alexej es verdient“, erklärte Jarmisch weiter. Ljudmila Nawalnaja befinde sich weiterhin in der Stadt Salechard in der Nähe des Gefängnisses, in dem ihr Sohn gestorben war, gab sie an. (afp)
Kreml befürchtet, dass eine öffentliche Beerdigung zu einem Großereignis werden könnte
Beobachtern zufolge befürchtet der Kreml, dass eine öffentliche Beerdigung zu einem Großereignis werden könnte. In den 2010er Jahren, vor den massivsten Repressionen, war es Nawalny gelungen, vor allem in Moskau Massen zu mobilisieren. Mitte März sind in Russland Präsidentschaftswahlen angesetzt. Der erneute Wahlsieg Putins steht bereits jetzt so gut wie fest, da er keine ernsthafte Konkurrenz hat.
Die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten würdigten am Samstagabend in einer gemeinsamen Erklärung „den außergewöhnlichen Mut“ Nawalnys und erklärten, sie stünden „an der Seite seiner Frau, seiner Kinder und all jener, die ihm nahe waren“. Nawalny habe „sein Leben dem Kampf gegen die Korruption des Kreml und für freie und faire Wahlen in Russland geopfert“. Die G7 riefen die Regierung in Moskau auf, „die Umstände seines Todes lückenlos aufzuklären“.
Zudem forderten sie Moskau auf, alle unrechtmäßig festgehaltenen Gefangenen freizulassen und „die Verfolgung der politischen Opposition sowie die systematische Beschneidung der Rechte und Freiheiten der Menschen in Russland zu beenden“.
Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew kündigte unterdessen Rache an für die jüngsten Sanktionen des Westens im Zusammenhang mit Nawalnys Tod. „Wir müssen uns daran erinnern und uns an ihnen rächen, wo immer es möglich ist. Sie sind unsere Feinde“, schrieb der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats am Samstag im Onlinedienst Telegram. Medwedew rief zudem dazu auf, in westlichen Ländern verdeckte Operationen auszuführen. Er sprach von „Aktivitäten einer bestimmten Art, über die man nicht öffentlich reden kann“.
Die USA hatten am Freitag anlässlich des zweiten Jahrestags der russischen Offensive in der Ukraine und im Zusammenhang mit dem Tod Nawalnys neue massive Sanktionen gegen Moskau verkündet. Zuvor hatte auch die EU ein neues Sanktionspaket angekündigt.
Der Tod des prominentesten Widersachers von Kreml-Chef Putin löste international Bestürzung aus. Neben Nawalnys Witwe machen zahlreiche westliche Politiker die russische Führung sowie Putin persönlich für seinen Tod verantwortlich. Moskau wies die Anschuldigungen zurück. (afp)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten