piwik no script img

Zuspitzung in der DR KongoEx-Präsident Joseph Kabila stößt zu Kongos Rebellen

Der Ex-Präsident der Demokratischen Republik Kongo soll über Ruanda in die M23-Rebellenhochburg Goma gereist sein. Die Regierung reagiert empört.

Der ehemalige Präsident der DR Kongo, Joseph Kabila, hier im März in Südafrika bei dem dortigen Expräsidenten Thabo Mbeki Foto: Siphiwe Sibeko/Reuters

Kampala taz | Die Nachricht schlägt in der Demokratischen Republik Kongo ein wie eine Bombe: Ex-Präsident Joseph Kabila ist nach knapp zwei Jahren Exil zurück in der Heimat – und zwar ist er in das von Rebellen kontrollierte Gebiet im Osten des Landes gereist. Doch was bedeutet das? Schließt er sich, wie die Regierung es ihm unterstellt, nun der Rebellenallianz AFC (Allianz des Kongo-Flusses) an, welcher auch die M23 (Bewegung des 23. März) als militärischer Arm angehört?

Am Freitag landete Kabila von Südafrika kommend in Ruandas Hauptstadt Kigali. Allein das ist ein Wendepunkt. Denn während seiner Amtszeit von 2001 bis 2019 führte Kabila mehrere Kriege gegen von Ruanda unterstützte Rebellen. Von Kigali aus fuhr er mit einem Konvoi über die Grenze in die ostkongolesische Millionenstadt Goma, die seit Ende Januar von den M23-Rebellen kontrolliert wird.

„Es ist kein Besuch, er wird in Goma bleiben“, hieß es aus M23-Quellen am Freitagabend. Über das Wochenende war er allerdings zurück in Ruanda, um dort Strategien auszuloten. Aus verschiedenen Quellen ist zu hören, dass Kabila nicht vorhat, sich der AFC oder M23 anzuschließen. Er will eine eigene Plattform gründen, der sich seine ehemaligen engsten Mitstreiter anschließen wollen, darunter General Jean-Claude Yav, einst Kabilas rechte Hand im Militär.

Goma soll nur ein Sprungbrett darstellen für einen Marsch Richtung Katanga, Kabilas Heimatregion im Süden Kongos, wo die größten Rohstoffressourcen des Landes wie Kobalt und Kupfer lagern. Am Wochenende wurden in Kigali und Goma auf zahlreichen Treffen die nächsten Schritte koordiniert.

Ist Kabila wirklich in Goma?

Kabila selbst äußerte sich bis Sonntag nicht. Seine Sprecherin Barbara Nzimbi ließ auf X verlauten: „In den nächsten Stunden (ein paar Tagen) wird Ehrenpräsident Joseph Kabila eine Rede vor der Nation halten.“

Kabilas verbliebene politische Mitstreiter in Kongos Hauptstadt Kinshasa hegen allerdings Zweifel. Ferdinand Kambere, Generalsekretär von Kabilas Partei PPRD (Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie), bezichtigt das Regime von Präsident Félix Tshisekedi, die Nachricht von Kabilas Besuch in Goma „fabriziert“ zu haben, „um die öffentliche Meinung zu manipulieren“. Kabila sei nicht in Goma. Tatsächlich gibt es keine öffentlichen Bilder oder Videos von Kabilas Ankunft. Quellen in Goma und Kigali bestätigen aber gegenüber der taz seine Anwesenheit.

Präsident Tshisekedi hat bereits letztes Jahr Kabila bezichtigt, mit den M23-Rebellen zu kollaborieren. Kabila hat das damals verneint. Der heute 53-Jährige war von 2001 bis Anfang 2019 Präsident der DR Kongo. Er hatte im Alter von 29 Jahren das Amt von seinem ermordeten Vater Laurent-Désiré Kabila übernommen, gewann 2006 Kongos erste freie Wahlen und festigte dann seine Macht. Nach den Wahlen Ende 2018 übergab er Anfang 2019 die Präsidentschaft an Félix Tshisekedi im Rahmen einer Koalition, die aber Ende 2020 zerbrach. Daraufhin zog Kabila nach Südafrika und schrieb eine Doktorarbeit.

Lange war es still um den ohnehin schweigsamen Ex-Präsidenten. Erst Anfang des Jahres meldete er sich wieder zu Wort und kündigte vor wenigen Wochen seine Rückkehr an. Er war viel in der Region unterwegs, traf unter anderem Ugandas Präsident Yoweri Museveni.

Partei verboten, Besitz beschlagnahmt

Dass Kabila nun ausgerechnet in Goma aufschlägt, ist eine Botschaft. Denn dort hat nun AFC-Rebellenchef Corneille Nangaa das Sagen, ein enger Vertrauter. Nangaa war unter Kabila Chef von Kongos Wahlkommission und hatte 2018/19 den Deal umgesetzt, das Präsidentenamt an Tshisekedi zu übergeben, obwohl der die Wahlen Ende 2018 nicht gewonnen hatte. Nangaa hat in Interviews diesen Schritt mehrfach bereut und erklärt, es sei nun seine Aufgabe, die Geschichte sozusagen zurechtzurücken.

Die Regierung Tshisekedi reagierte auf die Nachricht von Kabilas Ankunft bei den Rebellen sofort und heftig. Per Kabinettsbeschluss wurden noch am Freitag sämtliche Besitztümer Kabilas beschlagnahmt, darunter seine große Farm Kingakati außerhalb der Hauptstadt Kinshasa, wo er Löwen und andere Wildtiere hält. Kabilas einstige Regierungspartei PPRD wurde suspendiert, ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrat eingeleitet.

Es gebe Informationen, so Innenminister Jaquemain Shabani, dass Kabila „nicht nur Verbindungen zu der von der ruandischen Armee eingesetzten Terrorgruppe M23 hat, sondern auch Verbindungen zur ruandischen Armee“. Nangaa reagierte auf diese Vorwürfe auf X direkt: „Es ist dennoch höchste Zeit, sich zusammenzureißen, um Einheit, Frieden und Ruhe in unserem Land zu fördern.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!