Zum Tode von George H. W. Bush: Nur eine „Fußnote“ der US-Politik
Er war eingeklemmt zwischen Reagan und „Ärschen aus Eisen“: Der 41. US-Präsident, George H. W. Bush, ist am Freitag gestorben.
Gegen die deutsche Einheit hatte er weniger Bedenken als Margaret Thatcher oder François Mitterrand. Das lag auch an seinem Vertrauen in Helmut Kohl und Michail Gorbatschow. Als Oberbefehlshaber führte Bush Kriege gegen Panamas Militärchef Manuel Noriega und gegen Iraks Diktator Saddam Hussein, beide einstige Verbündete der USA.
Dennoch blieben die vier Jahre seiner Präsidentschaft blass im Vergleich zu der seines Vorgängers Ronald Reagan, dessen loyaler Vize er acht Jahre lang gewesen war. Bush fehlte Reagans Bühnen-Appeal, seine Reden waren hölzern. „Ich konnte nicht so effektiv mit den Menschen kommunizieren wie mein Freund und Vorgänger Ronald Reagan“, räumte er einmal in einem Interview ein.
Seine politische Karriere wurde immer wieder von Rückschlägen gestoppt: Zweimal scheiterte er in Texas mit seiner Kandidatur für den Senat in Washington, und auch die republikanischen Vorwahlen 1980 verlor er gegen Ronald Reagan. Gerufen hat man ihn, wenn eine Krise jemanden forderte, der die eigene Person weniger wichtig nahm als die jeweilige Institution. Die Republikanische Partei nach der Watergate-Affäre und die CIA nach den Enthüllungen über Mordanschläge und Bespitzelungen dürfen ihm für die gelungene Schadensbegrezung danken.
Wahl verloren, Jobs gewonnen
Bush entstammte einer erfolgreichen Unternehmerfamilie in Connecticut, sein Vater Prescott, ein Wall-Street-Banker, vertrat den Bundesstaat im US-Senat. Er studierte in Yale, wurde dort Mitglied der von Mythen umrankten Studentenverbindung Skull&Bones und ging nach Texas, um in der Ölindustrie Geld zu verdienen. 1964 kandidierte er für den Senat und unterlag. 1966 wurde er ins Repräsentantenhaus gewählt. Nach der zweiten, ebenso erfolglosen Senatskandidatur, berief Richard Nixon ihn 1971 zum Botschafter bei den Vereinten Nationen.
1973 wurde er Vorsitzender der Republikanischen Partei, die gerade im Strudel von Watergate unterging. Trotz der schmutzigen Wahlkampftricks der Nixon-Administration blieb Bush lange loyal an der Seite des Präsidenten, beschrieb seinen Job aber als „politischen Albtraum“, da er seinem Freund und Mentor Nixon im August 1974 drängen musste, zum Wohle der Partei und des Landes zurückzutreten. Es folgten Stationen als Geschäftsträger der US-Vertretung in Peking, als CIA-Direktor und als Vizepräsident unter Reagan.
Im November 1988 gewann Bush die Präsidentschaftswahl gegen Michael Dukakis mit deutlichem Abstand. Aber schon wenige Monate später galt das globale Medieninteresse nicht mehr Washington, sondern den dramatischen Ereignissen in Osteuropa, wo die Menschen für ihre Freiheit auf die Straße gingen und die Grenzzäune niederrissen. Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer, das Ende der deutschen Teilung wurde möglich.
Bush wollte Anfang 1990 sein OK geben, solange ein vereintes Deutschland Mitglied der Nato werde – eine harte Nuss für Gorbatschow. Doch der gab seinen Widerstand gegen die deutsche Einheit rasch auf, da er erkannte, dass die DDR wirtschaftlich und politisch verloren war. Es folgten die Zwei-plus-vier-Verhandlungen, die Währungsunion und am 3. Oktober die Einheit.
Acht Wochen zuvor wurde der Nahe Osten zu Bushs Sorgenkind. Nachdem der irakische Diktator Saddam Hussein Anfang August 1990 Kuwait besetzt hatte, fürchtete man in Washington, dass auch Saudi-Arabien angegriffen würde. Die größten Ölfelder des Landes lagen in der Reichweite der irakischen Truppen. Präsident Bush, der noch am 2. August beteuert hatte, „wir reden nicht über eine militärische Intervention“, überraschte drei Tage später selbst seine engsten Mitarbeiter, als er öffentlich postulierte, die Invasion Kuwaits werde „keinen Bestand haben“.
„Ärsche aus Eisen“
Bush entschied sich für eine groß angelegte militärische Intervention, schickte eine halbe Million US-Soldaten an den Golf und gab im Januar 1991 nach Verstreichen eines UN-Ultimatums den Befehl zum Angriff. Saddams Truppen wurden geschlagen, aber er blieb an der Macht. Seinem Sohn George W. Bush gefiel das nicht – mit all den bekannten Folgen.
Als Bush 1992 zur Wiederwahl antrat und verkündete, eine „gütigere, freundlichere Nation“ schaffen zu wollen, meldete sich ein bekannter Geschäftsmann bei ihm und bot sich als Kandidat für die Vizepräsidentschaft an: Donald Trump. Doch Bush empfand das Angebot „seltsam und schwer zu glauben“. Es kam aber sowieso anders und Bush verlor gegen den Demokraten Bill Clinton.
Erst 2015 äußerte Bush senior sich öffentlich zur Präsidentschaft seines Sohnes George W. Der habe einen großen Fehler gemacht, als er Dick Cheney und Donald Rumsfeld freie Hand ließ. Beide gehörten auch schon dem Kabinett von Bush senior an, sie hätten sich aber seitdem zu selbstherrlichen Hardlinern gewandelt. Cheney sei arrogant, er und Rumsfeld seien „Ärsche aus Eisen“ geworden.
„Ich fühle mich wie eine Fußnote“, beschrieb er gegenüber seinem Biographen Jon Meacham seinen Platz in der Geschichte. „Eingeschoben zwischen dem Ruhm Reagans – überall Denkmäler, Trompeten, der große Held – und den Irrungen und Wirrungen meiner Söhne“.
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