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Zum Tode von George H. W. BushNur eine „Fußnote“ der US-Politik

Er war eingeklemmt zwischen Reagan und „Ärschen aus Eisen“: Der 41. US-Präsident, George H. W. Bush, ist am Freitag gestorben.

George H.W. Bush, Archivbild aus dem Jahr 1989 Foto: ap

Berlin taz | George Herbert Walker Bush, der am Freitag mit 94 Jahren in seiner texanischen Heimat gestorben ist, war der letzte US-Präsident, der im Zweiten Weltkrieg als Soldat diente. Er amtierte von 1989 bis 1993 – als die Berliner Mauer fiel und die Sowjetunion auseinanderbrach.

Gegen die deutsche Einheit hatte er weniger Bedenken als Margaret Thatcher oder François Mitterrand. Das lag auch an seinem Vertrauen in Helmut Kohl und Michail Gorbatschow. Als Oberbefehlshaber führte Bush Kriege gegen Panamas Militärchef Manuel Noriega und gegen Iraks Diktator Saddam Hussein, beide einstige Verbündete der USA.

Dennoch blieben die vier Jahre seiner Präsidentschaft blass im Vergleich zu der seines Vorgängers Ronald Reagan, dessen loyaler Vize er acht Jahre lang gewesen war. Bush fehlte Reagans Bühnen-Appeal, seine Reden waren hölzern. „Ich konnte nicht so effektiv mit den Menschen kommunizieren wie mein Freund und Vorgänger Ronald Reagan“, räumte er einmal in einem Interview ein.

Seine politische Karriere wurde immer wieder von Rückschlägen gestoppt: Zweimal scheiterte er in Texas mit seiner Kandidatur für den Senat in Washington, und auch die republikanischen Vorwahlen 1980 verlor er gegen Ronald Reagan. Gerufen hat man ihn, wenn eine Krise jemanden forderte, der die eigene Person weniger wichtig nahm als die jeweilige Institution. Die Republikanische Partei nach der Watergate-Affäre und die CIA nach den Enthüllungen über Mordanschläge und Bespitzelungen dürfen ihm für die gelungene Schadensbegrezung danken.

Wahl verloren, Jobs gewonnen

Bush entstammte einer erfolgreichen Unternehmerfamilie in Connecticut, sein Vater Prescott, ein Wall-Street-Banker, vertrat den Bundesstaat im US-Senat. Er studierte in Yale, wurde dort Mitglied der von Mythen umrankten Studentenverbindung Skull&Bones und ging nach Texas, um in der Ölindustrie Geld zu verdienen. 1964 kandidierte er für den Senat und unterlag. 1966 wurde er ins Repräsentantenhaus gewählt. Nach der zweiten, ebenso erfolglosen Senatskandidatur, berief Richard Nixon ihn 1971 zum Botschafter bei den Vereinten Nationen.

1973 wurde er Vorsitzender der Republikanischen Partei, die gerade im Strudel von Watergate unterging. Trotz der schmutzigen Wahlkampftricks der Nixon-Administration blieb Bush lange loyal an der Seite des Präsidenten, beschrieb seinen Job aber als „politischen Albtraum“, da er seinem Freund und Mentor Nixon im August 1974 drängen musste, zum Wohle der Partei und des Landes zurückzutreten. Es folgten Stationen als Geschäftsträger der US-Vertretung in Peking, als CIA-Direktor und als Vizepräsident unter Reagan.

Im November 1988 gewann Bush die Präsidentschaftswahl gegen Michael Dukakis mit deutlichem Abstand. Aber schon wenige Monate später galt das globale Medieninteresse nicht mehr Washington, sondern den dramatischen Ereignissen in Osteuropa, wo die Menschen für ihre Freiheit auf die Straße gingen und die Grenzzäune niederrissen. Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer, das Ende der deutschen Teilung wurde möglich.

Als Bush 1992 zur Wiederwahl antrat und verkündete, eine gütigere, freundlichere Nation schaffen zu wollen, meldete sich ein bekannter Geschäftsmann bei ihm und bot sich als Kandidat für die Vizepräsidentschaft an: Donald Trump.

Bush wollte Anfang 1990 sein OK geben, solange ein vereintes Deutschland Mitglied der Nato werde – eine harte Nuss für Gorbatschow. Doch der gab seinen Widerstand gegen die deutsche Einheit rasch auf, da er erkannte, dass die DDR wirtschaftlich und politisch verloren war. Es folgten die Zwei-plus-vier-Verhandlungen, die Währungsunion und am 3. Oktober die Einheit.

Acht Wochen zuvor wurde der Nahe Osten zu Bushs Sorgenkind. Nachdem der irakische Diktator Saddam Hussein Anfang August 1990 Kuwait besetzt hatte, fürchtete man in Washington, dass auch Saudi-Arabien angegriffen würde. Die größten Ölfelder des Landes lagen in der Reichweite der irakischen Truppen. Präsident Bush, der noch am 2. August beteuert hatte, „wir reden nicht über eine militärische Intervention“, überraschte drei Tage später selbst seine engsten Mitarbeiter, als er öffentlich postulierte, die Invasion Kuwaits werde „keinen Bestand haben“.

„Ärsche aus Eisen“

Bush entschied sich für eine groß angelegte militärische Intervention, schickte eine halbe Million US-Soldaten an den Golf und gab im Januar 1991 nach Verstreichen eines UN-Ultimatums den Befehl zum Angriff. Saddams Truppen wurden geschlagen, aber er blieb an der Macht. Seinem Sohn George W. Bush gefiel das nicht – mit all den bekannten Folgen.

Als Bush 1992 zur Wiederwahl antrat und verkündete, eine „gütigere, freundlichere Nation“ schaffen zu wollen, meldete sich ein bekannter Geschäftsmann bei ihm und bot sich als Kandidat für die Vizepräsidentschaft an: Donald Trump. Doch Bush empfand das Angebot „seltsam und schwer zu glauben“. Es kam aber sowieso anders und Bush verlor gegen den Demokraten Bill Clinton.

Erst 2015 äußerte Bush senior sich öffentlich zur Präsidentschaft seines Sohnes George W. Der habe einen großen Fehler gemacht, als er Dick Cheney und Donald Rumsfeld freie Hand ließ. Beide gehörten auch schon dem Kabinett von Bush senior an, sie hätten sich aber seitdem zu selbstherrlichen Hardlinern gewandelt. Cheney sei arrogant, er und Rumsfeld seien „Ärsche aus Eisen“ geworden.

„Ich fühle mich wie eine Fußnote“, beschrieb er gegenüber seinem Biographen Jon Meacham seinen Platz in der Geschichte. „Eingeschoben zwischen dem Ruhm Reagans – überall Denkmäler, Trompeten, der große Held – und den Irrungen und Wirrungen meiner Söhne“.

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8 Kommentare

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  • George H.W. Bush gelang es mit Gorbatschow gemeinsam, auch endlich die Westdeutschen zu besiegen, was direkt nach dem II.WK wohl unmöglich war, weil man Verbündete gegen die andere Großmacht benötigte. Durch die von Bush und Gorbatschow ausgenutzte Naivität Helmut Kohls wurde ein Deutschland geschaffen, dass alle Alpträume derjenigen wahrmachte, die in der BRD selbst auf einen Staat hofften, der sich von Kriegen, sozialen Mißständen und von brutaler Einflußnahme auf andere Staaten (z.B. in der EU) distanzieren würde.



    Bush gelang es dann sogar noch, den alten Traum Churchills weiter zu spinnen und weiterzumarschieren gen Osten, wie die Verlagerung der NATO-Einflußbereiche gen Osten zeigen.

    • @Age Krüger:

      Mannomann - starker Tobak mit steiler These - tonn Strühfück - Alter.

      Dabei rauch ich doch gar nich. Woll.



      Na ok - mal vorsichtig drauf rumkauen.

      unterm—-Liggers -



      Die Einzelteile gehen ja in Ordnung.



      Aber als Gesamtsicht - öh - a weng germanopferzentriert - hm*?*



      (Melodei:“Das sag ich meinem großen Bruder - der macht bei euch in’n Hausflur.“ - sorry - fiel mir dazu ein.;)(

  • Der Präsident, „der nicht auf der Mauer tanzen“ wollte

    H.W. Bush weigerte sich an 11/9, triumpfialistisch auf der Mauer zu tanzen: „An diesem Tag waren wir alle Gewinner, der Osten wie der Westen. Ich glaube, dieser Prozeß konnte überhaupt nur in Gang kommen, weil es dabei keine Verlierer gab.“ (so in seinen Memoiren 1998)

    Ganz im Gegensatz dazu scheint es das nunmehrige doktrinale Essential des inzwischen an die Grenzen Rußlands rangepreschten atlantistischen Bündnisses zu sein, gleichsam sein zweiter Gründungsmythos, die Epochenwende von 1989 post festum als „Siegfrieden“ zu protokollieren und vergessen zu machen, daß es sich im Grunde um einen Verständigungsfrieden handelte. Es wird so getan, als seien die Vereinbarungen von Malta im Dezember 1989 und die 2+4-Akte gleichbedeutend mit einer Kapitulation des Kremls à la Frankfurter Frieden, Versaille oder Compiègne. Für so manchen Deutsch-Nationalen und „Patrioten Europas“ scheint dies gar klammheimlich die Schande des 8. Mai 1945 wettzumachen.

    Aber auch ein Gorbatschow hätte nicht die Macht besessen, sich einem solcherart diktierten Kapitulationsfrieden mir nichts dir nichts zu beugen. Dessen war sich auch Präsident Bush sen. bewußt.

    Das damalige historische Agreement nach Tisch in den Kategorien von Sieg und Niederlage zu beschreiben und damit umzudeuten, mußte zwangsläufig zu Reaktionen des Kremls führen, wie wir sie jetzt erleben. Die Schuld daran gibt Gorbatschow, der damalige Gegenspieler H. W. Bushs, unumwunden dem transatlantistischen Bündnis und seiner seit 1992 verfolgten Ost-Europa-Politik in seiner siegesberauschten Geschichts-Umdeutung: „Doch anstatt neue europäische Sicherheitsinstitutionen aufzubauen und die Entmilitarisierung Europas voranzutreiben – wie es die NATO-Mitgliedsstaaten in der Londoner Erklärung von 1990 versprochen haben – erklärte sich der Westen... zum Sieger. Euphorie und Triumphalismus sind (dem Westen) zu Kopf gestiegen.“ ("Der Spiegel", 11.1.2015)

  • Es hat schon seinen Grund warum der "Deutschlandfreund" nicht wieder gewählt wurde.

    • @Egon Olsen:

      Ross Perot

      • @Sven Günther:

        Richtig. Will aber mal die Gründe genauer benennen.

        H.W.Bush verlor seine 2.Wahl an der Innenpolitik. Er hat den Wählern im Wahlkampf zu seiner 1.Wahl folgendes versprochen: "Read my lips: no new taxes." Dummerweise zwangen ihn gewisse Ereignisse außerhalb der USA (Lappalien wie z.B. der Zusammenbruch der Sowjetunion...) und eigene Fehler wie z.B. das wenig durchdachte "Kuweit Abenteuer"; eine damit einhergehende Wirtschaftsflaute sowie ein seinerzeit von den Demokraten dominierter Kongress zu Steuererhöhungen.

        In genau diese Kerbe schlugen Bill Clinton ("It's the economy, stupid.") und Ross Perot.

        Und gerade Perot, als Unabhängiger Milliardär und erklärter Gegner des, heute würde man sagen, "Establishments" schaffte es gerade die Wähler hinter sich zu vereinigen, die normalerweise Bush gewählt hätten - so wurde B.Clinton als Präsident erst möglich und es erklärt sich, warum H.W.Bush nur ein "One Term President" ist.

        Und so sollte man auch das hier und jetzt betrachten: Trump hat dazugelernt. Er hätte als Unabhängiger antreten können und wirkungslos verpuffen, wie Perot. Oder er hätte sich als Demokrat aufstellen können; wohlwissend, daß nach ihm eh alles negiert wird, da die Demokraten nun mal übelste Opportunisten sind.

        Er entschied sich aber dafür als Republikaner zu kandidieren, und, kaum zu Glauben, er wurde gewählt, und, eigentlich noch weniger zu glauben, er schaffte es weite Teile der Republikaner hinter seine "America first" Agenda zu vereinigen.

        Egal was man davon auch halten mag: Trump ist da erfolgreich, wo H.W.Bush und Perot versagt haben.

  • May be.

    But - zu “… „Ich konnte nicht so effektiv mit den Menschen kommunizieren wie mein Freund und Vorgänger Ronald Reagan“, räumte er einmal in einem Interview ein.…“

    Geb ich zu bedenken: Das - Ja - Das ehrt ihn. Doch Doch.



    Ha no. Oliver Sacks beschreibt in einem seiner vielen Bücher.



    Wie er am tv-Raum führ Gehörlose (hoffe - so pc*¿*) vorbeigeht.



    & Ha noi. entdeckt - Gellewelle -



    Das schallende Gelächter - Schenkelklopf - “Was ein Lüchenbold“ usw. usf.



    Der Rede an die Nation des B-movie-Schauspielers & usPräsi.



    Galt. Genau. Genau: - “Ronald Reagun …supp!“*



    Normal.

    unterm—-remember Woodstock - ;))



    Country Joe and the Fish - *…Governeur from California…“;((



    (btw…genau - genau - Stille Tage in Clichy - war ein Jahr später;)

  • George Bush wurde, ähnlich wie Angela Merkel von politischen Skandalen ihrer Mentoren nach oben in höchste Ämter gesurft und geschoben, weil sie selbst in Zeiten, in dene es vor lauter Krisen, Wenden, Turbulenzen keine Kontinuität gab, scheinbar für Kontinuität stehen. Das hat Folgen, Bush verstand den globalen Berg in Europa dank und mit Perestroika, Glasnost von Michail Gorbatschow zum Brüllen zu bringen, um dann statt des Europäischen Hauses von Wladiwostock bis Lissabon, in einer Sturzgeburt die Maus deutscher Einheit zu gebären. Das geschah dank Bush senior unter Ausschaltung eines Friedensvertrages Deutschlands mit ehemals 53 kriegführenden Ländern 1939-1945 ohne Entschädigungsforderungen von 12 Millionen Zwangsarbeitern an die deutsche Gesellschaft, Wirtschaft und eigenen Regierungen ihrer Heimatländer als willige Vollstrecker deutschen Willens in jener dunklen Zeit als die Lichter der Humanität in Europa erloschen waren auf die weltwirtschaftliche Agenda zu heben.



    Nachden Saddam Hussein in der Reagan Ära nicht zuletzt mit Bush senior Hilfe in die Falle des kreditfinanziert nicht gewinnbaren Krieges 1980-1988 mit dem Iran getappt war, 1990 vor einem nicht zu bewältigenden Schuldenberg infolge Kriegslasten gegenüber den USA stand, in eine weitere US-Falle tappte, als ihm die US Botschafterin in Bagdad angeblich unauthorisiert versicherte, es gebe im Fall eines militärischen Konfliktes Irak vs Kuwait, anders als im Fall Saudiarabien, keine US Parteinahme fur Kuwait aufgrund von Garantievereinbarungen durch Washingtons, Kuwait überfiel.



    Bush senior hatte nach der Implosion der UdSSR alle Chancen der Weltgeschichte durch Preisgabe der asymmetrisch aufgestellten Weltwirtschaft zu Gunsten einer Fairplay Weltwirtschaft auf er Basis von Ausgleichs- , Entschädigungsfonds, Stabilisierungs Mechanismen seinen unübersehbaren Fussabdruck zu hinterlassen. Die wusste er nicht zu nutzen, stattdessen bretterte sein Sohn G. W. Busch als "Eisen Arsch" in die Weltgeschichte