Zum Tod von Franz Beckenbauer: Des Kaisers weiße Weste
Beckenbauer beherrschte die Kunst, zu glänzen, ohne ins Schwitzen zu geraten – und ohne bei Schmutzeleien Flecken abzubekommen
Franz Beckenbauer beherrschte das Spiel. Auf dem Platz – und daneben. Als er München 1977 in Richtung New York verlassen hat, um in den USA zusammen mit anderen Weltstars wie Pelé dem Soccer einen neuen Markt zu erschließen, machte der Giesinger Postlersohn eine gute Figur. Er wohnte in einem Wolkenkratzer am Central Park. Einer seiner Nachbarn war das Tanzgenie Rudolf Nurejew. Der lud den deutschen Kicker des Öfteren zum Essen ein, und in der Heimat staunte man.
Beckenbauer hatte sich ins Weltbürgertum gedribbelt. Dass er in die USA gegangen war, auch um den Schlagzeilen in München zu entfliehen, die sich seiner nicht gerade ausgeprägten Steuerehrlichkeit gewidmet haben, war da schnell vergessen.
Angestiftet von seinem persönlichen Berater Robert Schwan, der als Manager des FC Bayern München früh erkannt hat, wie sich der Name Beckenbauer vermarkten lässt, hatte er sich auf das riskante Spiel mit den Finanzbehörden eingelassen. Auch hier erfolgreich.
Fan im Finanzministerium
Der bayerische Finanzminister Ludwig Huber war ein Fan und durfte am 30. Geburtstag Beckenbauers bei dessen Feier am Tisch des Kaisers sitzen. Am Ende half er Beckenbauer sogar dabei, Geld in der Schweiz zu verstecken, wohin dieser seinen Wohnsitz verlegte. Dass Beckenbauer im Gegenzug öffentlich der CSU seine Stimme versprochen hat, gehörte zu dem Spiel, das er am Ende glatt und in der ihm eigenen Eleganz für sich entschieden hat.
So sauber sein Trikot meist war, wenn ein Spiel abgepfiffen worden ist, so unantastbar schien er auch abseits des Platzes. Er war der Botschafter des deutschen Fußballs in der Welt. Darauf waren in Deutschland viele ebenso stolz wie auf den Weltmeistertitel, den die Deutschen mit ihm als Kapitän 1974 gewonnen haben. Ein paar wackere bayerische Steuerbeamte konnten an seinem Ruhm nicht kratzen. Sie wurden im Zweifel eh versetzt, wenn sie allzu genau hinschauen wollten. So lief das Spiel. Beckenbauer war auch hier der Spielführer.
Beckenbauer 2006 über die Fußball-WM in Deutschland
Das war er auch als Sportfunktionär. Er hat das Spiel gelesen und verstanden. Beckenbauer wusste als Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes, als Mitglied der Exekutive des Internationalen Fußballverbands Fifa oder als Orga-Chef der Heim-WM 2006, welche Pässe es zu schlagen gilt. Korruption gehörte da zur Taktik. Die hat er beherrscht und das Weltturnier, in dem die Deutschen sich so sehr in Schwarz-Rot-Gold verliebt haben, in seine Heimat geholt. „So hat Gott sich die Welt vorgestellt“, hat er über die Fanmeilen gesagt, in denen die Deutschen 2006 vor allem sich selbst gefeiert haben, und niemand wollte ihm widersprechen.
Es hat sich gewiss auch niemand gewundert, als 2015 die ersten Belege dafür öffentlich wurden, dass im Zusammenhang mit der WM-Vergabe nach Deutschland Millionenbeträge auf diffusen Wegen an die Fifa geflossen sind. Als dann bekannt wurde, dass über ein Konto Beckenbauers gut 6 Millionen Euro an eine Gerüstbaufirma in Katar überwiesen wurden, die einem sinistren Fifa-Funktionär gehörte, schüttelte dann doch so mancher den Kopf. Und als dann selbst die Fifa Beckenbauer bestraft, ihn für 90 Tage vom Fußball ausgesperrt hat, weil dieser einen Fragenkatalog nicht fristgerecht beantwortet hatte, da musste er feststellen, dass sich das Spiel gedreht hatte. Er war kein Spielführer mehr und es wurde einsam um ihn.
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