Zulassungsverlängerung für Glyphosat: Brüssel schenkt Monsanto Zeit
Weil sich die EU-Länder nicht einigen können, verlängert die Kommission die Zulassung für das Herbizid. Die wäre sonst ausgelaufen.
Die Kommission war am Zug, weil die bisherige Genehmigung für das Unkrautvernichtungsmittel am 30. Juni ausläuft und die EU-Staaten sich nicht einigen konnten, ob sie den Einsatz weiter erlauben wollen. Wäre die Frist verstrichen, hätten Glyphosathersteller wie Monsanto klagen können.
Die Mitgliedsstaaten hatten viermal erfolglos abgestimmt. Notwendig wäre eine Mehrheit, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentiert. Malta ist ganz dagegen, die Zulassung zu verlängern, 20 Länder sind dafür. Die anderen, darunter Deutschland, wo die SPD glyphosatkritischer ist als die CDU, wollen sich nicht festlegen.
Glyphosat schädigt Artenvielfalt und Böden. Vor allem aber ist es verdächtig, Krebs auszulösen. Hier stehen Studien mehr oder weniger unabhängiger Institute gegeneinander, eine endgültige Einschätzung soll die EU-Chemikalienagentur ECHA in der neuen Galgenfrist liefern.
Volker Koch-Achelpöhler vom Industrieverband Agrar sprach von einer „unbefriedigenden Zwischenlösung“. Felix Prinz zu Löwenstein vom Bund für Ökologische Lebensmittel erklärte der „exzessive Einsatz von Glyphosat“ sei jetzt schon ein „Dauerverstoß gegen europäisches Pflanzenschutzrecht“. Denn dieses erlaube Unkrautvernichtungsmittel nur dort, wo die Ernte nicht anders gesichert werden könne.
Hubert Weiger vom Umweltverband BUND kritisierte, dass die EU-Kommission die Weiterverwendung „durchgedrückt“ habe, nachdem sie „den Widerstand der Mitgliedsstaaten gegen das Pestizid“ nicht habe brechen können. „Wenn Politik so aussieht, darf man sich über den Brexit nicht wundern“, sagte er.
Harald Ebner von der grünen Bundestagsfraktion sah dann aber doch einen „großen ersten Erfolg“ der Kritiker. Schließlich sei die geplante erneute Zulassung jetzt erst einmal „auf eine Mini-Verlängerung zusammengeschrumpft“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste