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Zukunft der maritimen WirtschaftSchiffe erst ab 2100 klimaneutral

Auch für den Schiffsverkehr gelten Klimaziele. Ein UN-Umweltausschuss berät nun über ehrgeizigere Regeln, doch der Widerstand der Branche ist groß.

Einlauf eines weltweit größten Containerschiffs in den Hamburger Hafen Foto: Chris Emil Janssen/imago

Hamburg taz | Ohne Seefahrer steht fast die ganze Erde still. Mehr als 90 Prozent des Welthandels werden über die hohe See abgewickelt. Das geht nicht ohne Emissionen ab. Die Motoren werden mit schadstoffbelastetem Schweröl oder Schiffsdiesel betrieben, ganz wenige Frachter fahren mit umweltverträglicherem Flüssiggas LNG. Im Ergebnis werden der Schifffahrt zwei bis drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen zugeschrieben.

Dabei ist die maritime Wirtschaft die einzige Industrie, die globale Klimaziele ansteuert. 2018 hat die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO (kurz für: International Maritime Organization) in London eine Resolution verabschiedet. In dieser hat die Staatengemeinschaft bisher jedoch nur vereinbart, die Treibhausgasemissionen des Seeverkehrs um mindestens 50 Prozent bis 2050 zu senken.

Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet der Umweltausschuss der IMO, kurz MEPC (Marine Environment Protection Committee), an Maßnahmen. Seit Montag berät der MEPC in London nun über eine Verschärfung der Klimaschutzregeln für die weltweite Schifffahrt. Am Freitag sollen Ergebnisse präsentiert werden.

Bereits von der COP26 in Glasgow im Jahr 2021 gingen starke Klima-Signale aus. Das nun 80. Treffen des einflussreichen MEPC wurde daher mit Spannung erwartet. IMO-Generalsekretär Kitack Lim hatte zum Auftakt der Beratungen an die Delegierten von 175 Staaten appelliert, „ehrgeizige Ziele festzulegen, die die Schifffahrt auf einen klaren Weg zur schrittweisen Verringerung der Treibhausgasemissionen bringen“. Lim sprach von einer historischen Chance. Optimistische Branchenverbände hoffen, dass sich die UN-Sonderorganisation vornimmt, im internationalen Schiffsverkehr bereits 2050 die Klimaneutralität zu erreichen.

Konflikt zwischen Herstellern und Nutzern

Doch die Beratungen begannen mit einer Enttäuschung. Die von einer Arbeitsgruppe zuvor erarbeitete 15-seitige interne Beschlussvorlage stehe nicht im Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel, berichtete die Deutsche Verkehrs-Zeitung. Dahinter lauert ein komplizierter Klimakonflikt zwischen Schiffsproduzenten und Schiffsnutzern, zwischen technisch und ökonomisch Machbarem sowie zwischen dem Globalen Süden und dem Norden.

So hat China laut Financial Times in einer diplomatischen Note die Vertreter des Globalen Südens dazu aufgerufen, strenge Klimaziele zu blockieren. Hinter verschlossenen Türen sollen Brasilien, Argentinien und Südafrika ebenfalls bremsen. In weiten Teilen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas mangelt es an Verkehrsinfrastruktur. Dort sind Schiffe oft das wichtigste Transportmittel. Vielerorts mangelt es Reedereien und Staaten an Geld und Willen zu Klimainvestitionen.

„Blockiert durch Entwicklungsländer, Mineralöl produzierende Staaten und Billigflaggen hält die IMO bisher am Ziel fest, Klimaneutralität erst bis zum Ende des Jahrhunderts zu erreichen“, beklagt die deutsche Werftenorganisation VSM. Wie die maritime Zulieferindustrie im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) – sie rüstet einen Großteil aller Schiffe weltweit aus – erhoffen sich Schiffbauer von ehrgeizigen Klimazielen gute Geschäfte. Die Technik für eine grüne Seefahrt sei vorhanden, heißt es in der Industrie. Gefordert seien nun Reeder und Investoren.

Reedereien stehen dabei durchaus unter Druck ihrer Kundschaft: Logistikkonzerne und Industrie wollen ihren CO2-Abdruck in der Lieferkette reduzieren. Der deutsche Reederverband VDR will denn auch seine Schiffe „schon in knapp 30 Jahren klimaneutral betreiben“. Weltweit operierende Reedereien wie Hapag-Lloyd oder ­Maersk, ebenso wie kleinere in der mittelständisch geprägten Branche, investieren in neue Frachter mit Duel-Fuel-Motoren. Diese könnten mit grünem Wasserstoff betrieben werden – wenn es denn genügend gibt.

Lange Nutzungsdauer

Ein weiteres Hemmnis ist die lange Lebensdauer von Schiffen, die mehr als drei Jahrzehnte beträgt. Immerhin birgt auch die Nachrüstung älterer Frachter Potenzial. Zwar sind die Auftragsbücher der maritimen Indus­trie gut gefüllt. Trotz Rekordgewinnen gehen viele Reeder die grüne Transformation jedoch nur zögerlich an, aus Angst, im globalen Wettbewerb zurückzufallen. Eine entsprechende Regulierung durch die IMO wird deshalb als umso wichtiger angesehen: Sie würde weltweit gültige Regeln zum Umweltschutz auf den Meeren setzen.

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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Greenwashing bei Evergreen & Co: Der Bau von neuen Schiffen wie auch neuen Flugzeugen, von denen heute wieder viele hergestellt werden, wird mit einer Abschreibungszeit von 30 Jahren und mehr kalkuliert, ohne dass Änderungen vorgesehen sind. Kreuzfahrtschiffe müssen, damit sie rentabel sein sollen, müssen bis weit über 2045 im Dienst sein. Dabei lastet zum Beispiel auf der AIDA-Flotte immer noch eine 25 Milliarden € - Bürgschaft der KfW, die einst ein dabei reich gewordenener CDU-Mann besorgt hatte. Wer bitte, bremst diese Investitionen in gigantische fossile Verbrenner, die oft nur zu Vergnügungszwecken immer noch unterwegs sein dürfen ? Da spielen Politik und Wirtschaft mit uns Blinde Kuh und die Deppen sind nachfolgende Generationen.

  • Nichts ist so selten alternativlos wie eine technische Lösung, die der Umwelt schadet und den Superreichen nützt:



    Sinnvoll ist es immer, natürliche Ressourcen zu nutzen, gratis und in der Übergangszeit auch als zusätzlicher Antrieb zur Unterstützung. Findige Ingenieur*innen haben klasse Ideen.



    //



    "...dass Alternativen für das schmutzige Schweröl gesucht werden – Hybridantrieb, LNG (Flüssigerdgas), Wasserstoff oder gar Ammoniak. Und eben auch eine alte Technologie in neuem Gewand: Segel – genauer: Hightech-Hartsegel.



    Der japanische Schifffahrtskonzern Mitsui OSK Lines (MOL), eine der grössten Reedereien der Welt, hat diese Technologie beim Kohletransporter Shofu Maru eingesetzt. Der 235 Meter lange Frachter, der mehr als 80'000 Tonnen Kohle fasst, ist als erstes Schiff mit einem Hartsegel-Windkraftantriebssystem namens «Wind Challenger» ausgestattet worden. Es nutzt die Windkraft mithilfe eines Fiberglassegels aus vier Teilen, die bei einer Breite von 15 Metern bis zu 53 Meter Höhe ausgefahren werden können."



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    www.watson.ch/wiss...ch-den-wind-nutzen



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    Bitte weitersagen!

  • "Dahinter lauert ein komplizierter Klimakonflikt zwischen Schiffsproduzenten und Schiffsnutzern, ..."



    Ich lese, vor und nach diesem Zitat aus dem Artikel, dass es bei den Verhandlungen ausschließlich um die wirtschaftlichen Interessen gegeneinander konkurrierender Staaten und Wirtschaftsräume geht, sowie um aktuelle und künftige Marktanteile. Ich sehe den Zeigefinger, mit dem auf Staaten verwiesen wird, die sich ebenso verhalten wie wir, wenn es um unsere ökonomischen Interessen geht.



    Und ich stelle fest, dass die Lösung der Probleme in anderen Antrieben, deren Rentabilität nicht gegeben ist und einem Treibstoff (Wasserstoff) liegen soll, der noch nicht verfügbar ist, der auch für nahezu alle anderen Wirtschaftssektoren als Treibstoff zur Klimarettung-gilt. Mit dem die Schifffahrt (Voraussetzung für unser Wohlstandsmodell) im Jahr 2100 so "klimaneutral" werden könnte, wie wir bereits im Jahr 1990 waren. (Bezugsjahr Pariser Abkommen)



    Randbemerkung: Absehbar ist, dass der Klimawandel zu heftigerem Seegang und stärkeren Stürmen führen wird. Und damit zwangsläufig auch zu höheren Risiko- und Versicherungsprämien. Mir stellt sich die Frage, ob schon jemand an einer Schiffschaukelbremse forscht, damit die Preise für die transportierten Waren im Jahr 2100 nicht zu stark steigen werden.

  • Wieviel ozeanische Seefahrt 2100 überhaupt noch möglich ist, wird man dann sehen. Die Beaufort-Skala wird jedenfalls erweitert werden müssen; 150 km/h Spitzengeschwindigkeit mit 20 Metern Wellenhöhe sind allemal drin.