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Zukunft der UkraineKein Zuckerschlecken

Der neugewählte Präsident Poroschenko hat der Korruption den Kampf angesagt. Dafür müsste er die Oligarchen bekämpfen, zu denen er selbst zählt.

Schwerreich und beliebt: Der Oligarch Petro Poroschenko nimmt ein Bad in der Menge. Konotop, kurz vor der Wahl. Bild: ap

KIEW taz | Mit dem zuckersüßen Dasein von Petro Poroschenko könnte es bald vorbei sein. Zwar schaffte der milliardenschwere Süßwarenfabrikant mit dem Spitznamen „Schokoladenkönig“ bei den Präsidentenwahlen am vergangenen Sonntag mit knapp 54 Prozent der Stimmen den Durchmarsch gleich in der ersten Runde.

Doch wenn der 48-Jährige wirklich mit seinen vollmundigen Wahlversprechen – wie Nulltoleranz gegenüber Korruption und Zerschlagung von Monopolen – ernst machen will, bedeutet das: ein gnadenloser Kampf gegen die Oligarchen und damit gegen sich selbst.

Das dürfte nicht leicht werden. Die Ukraine ist ein Land, das steinreiche Geschäftsleute und ihre Klans fest im Griff haben. Sie besitzen die wichtigsten Medien (Poroschenko gehört der einflussreiche Fernsehsender 5. Kanal), unterhalten eigene Privatarmeen und schalten und walten nach Gutdünken, ohne Rücksicht auf geltende Gesetze.

Ein Konflikt wegen widerstreitender Interessen könnte schon bald zwischen Poroschenko und Igor Kolomojskyj aufbrechen: Der 51-jährige Multimilliardär Kolomojskyj – unter anderem Mitinhaber der größten ukrainischen Bank PrivatBank – ist seit dem 2. März 2014 Gouverneur des Gebietes Dnepopetrowsk. Ihm gelang es bislang, Separatisten von seinem Gebiet fernzuhalten, nicht zuletzt dank seiner Sondereinheit „Dnjepr“.

Die Kehrtwende des Rinat Achmetow

Eine der Unbekannten in diesem Geschacher um Macht, Einfluss und Geld ist der Gouverneur des Gebietes Donezk, Rinat Achmetow, mit geschätzten zwölf Milliarden Dollar Vermögen der reichste Mann in der Ukraine. Anfänglich hatte er die Separatisten unterstützt. Inzwischen hat Achmetow offensichtlich die Seiten gewechselt. Nach den Unruhen in Mariupol stellte er der örtlichen Polizei Wachschützer seiner Stahlwerke und Minen zur Verfügung.

Hinter seiner Kehrtwende steckt offensichtlich die Einsicht, dass ein Verbleib des Donbass in der Ukraine für den Geschäftsmann Achmetow lukrativer ist: Seine Konzerne exportieren nur neun Prozent ihrer Produktion nach Russland, aber dafür 20 Prozent in die Europäische Union. Nun fordert Achmetow, die Staatsmacht zu dezentralisieren. Damit würde die Macht der Oligarchen gegenüber Kiew weiter wachsen. Nicht zuletzt von Achmetow könnte auch die weitere Entwicklungen im Osten des Landes abhängen. Dort herrschen weiter bürgerkriegsähnliche Zustände.

Eine weitere Schwierigkeit: Der neue Präsident steht unter erheblichem Druck des Internationalen Währungsfonds. Der macht für die Auszahlung bereits bewilligter Kredite zur Bedingung, dass die Ukraine keine weiteren Territorien verliert.

Großen Streit dürfte es auch um die Verfassungsreform geben. Von einem parlamentarischen System, in dem der Präsident weitestgehend auf repräsentative Aufgaben beschränkt wäre, hält Poroschenko allem Anschein nach nichts.

Seine Wähler beobachten ihn mit Argusaugen

Auf die Frage der Wochenzeitung Novoje Vremja (Neue Zeit), wofür er denn die Kredite in Höhe von 11 Milliarden Euro ausgeben werde, antwortete er in der vergangenen Woche: Das müsse man die Regierung und das Parlament fragen. Er verwies auf die derzeit wieder geltende Verfassung aus dem Jahre 2004. Diese sieht unter anderem ein gemischt parlamentarisch-präsidentielles System vor, in dem der Premierminister sowie der Regierungschef nicht vom Präsidenten ernannt werden. Warum sollte Poroschenko auch ausgerechnet jetzt, nach seinem deutlichen Sieg in der ersten Runde der Präsidentenwahlen, auf weitere Vollmachten verzichten und sich im Wesentlichen auf Staatsbesuche beschränken?

Doch unabhängig davon, wie der Oligarch, der unter anderem von dem neuen Kiewer Bürgermeister und Exprofi-Boxer Witali Klitschko und seiner Partei UDAR unterstützt wird, seine Rolle künftig auszufüllen gedenkt: Er wird dabei mit Argusaugen beobachtet werden – und zwar nicht nur von seinen Wählern, sondern vor allem von denjenigen, die immer noch auf dem Maidanplatz von Kiew ausharren. Die Bürger wollten endlich ernst genommen werden.

„Der Kampf gegen Korruption und gegen die Oligarchen hat jetzt für Poroschenko keine Priorität“, sagt Kiril Savin, Leiter des Kiewer Büros der Heinrich-Böll-Stiftung. Vordringlich seien die Entspannung der Lage im Donbass, die Beziehung der Ukraine zu Russland und Parlamentswahlen im Herbst. Dann dürfte das Thema Oligarchen auf die Tagesordnung kommen.

Ein Stück weit passierte das schon am Montag. Da gab Poroschenko bekannt, seinen Süßwarenkonzern Roschen verkaufen zu wollen. Zur Begründung sagte er: „Jetzt wird eine neue Tradition eingeführt. Wenn jemand ein hohes politisches Amt erhält, muss er allen demonstrieren, dass er sich aus dem Business zurückzieht, es verkauft und alle Kraft und Zeit darauf verwendet, dem Volk zu dienen.“

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8 Kommentare

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  • Hm, gestern marschierten geschätzte 2000 "pro-russische" Demonstranten zum pompösen Anwesen von Achmetow, wahrscheinlich um gegen seine gegen die Separatisten gerichtete Wende zu protestieren.

    https://www.youtube.com/watch?v=q7tL9QoixvY

    Unterdessen gehen die Kämpfe weiter. In Donezk wird um den Flughafen gerungen, und im Stadtzentrum gibt es eine Schießerei zwischen den Separatisten und der Nationalgarde. In Mariupol wird ebenfalls gekämpft, und in Slawjansk beschießt die ukrainische Armee das Stadtzentrum mit Artillerie - heutige Bilanz drei Tote, darunter eine 60jährige Frau.

    • @Der_Peter:

      ... Staatsterroristen gegen Separatisten .

      Arme Ukraine .

  • Na denn mal viel Spaß , ihr Demokratie hungrigen und Oligarchen-Korruption müden , am IWF-Tropf hängenden Ukrainer*Innen ! Die selber auf Kredit lebende EU will euch nur ihre auf Halde liegenden Waren verhökern , sehr auch gerne auf Kredit !

    Eines solltet ihr euch von vornherein total abschminken : wirtschaftlich "blühende Landschaften" hat nicht mal Schland in seinen neuen Bundesländern hingekriegt , ganz zu schweigen von den EU-Ländern im ehemaligen Ostblock .

    • @APOKALYPTIKER:

      Die Ukraine hat sich mit den Wahlen für einen unabhängigen Kurs entschieden, vielleicht pro-westlich, aber auch nach Russland orientiert. Die Wahlen waren frei. Ich habe wenig Verständnis für die ost-ukrainischen Separatisten. Politik mit Waffengewalt ist nicht meine Sache. Das alte Regime hat Demonstranten auf dem Maidan erschießen lassen. Die Faschisten haben jetzt kaum Stimmen bekommen. Putin und die meisten Russen leben in einer anderen Welt als der Westen. Conchita Wurst ist für sie jemand für den GULAG. Andere Länder, andere Sitten. Übrigens ist Marine LePen ein gern gesehener Gast im Kreml. Sie ticken wohl ähnlich.

      • @Gabriel Renoir:

        Nun, es ist ja immer noch nicht geklärt, wer auf dem Maidan neben der Polizei noch so alles geschossen hat, und mit den gegenwärtigen Machthabern in Kiew sehe ich auch wenig Hoffnung, daß dies sauber geklärt wird, zumal man die Spuren hat längst erkalten lassen.

        Die Aufklärung des Massakers in Odessa schleppt sich auch so dahin.

      • @Gabriel Renoir:

        Welches Glück für die Welt , dass es noch Menschen wie Sie gibt , die alles wissen !

         

        (Ich bedauernswerter Zeitgenosse kenne nicht mal e i n e n Russen , habe keine Ahnung , wie man eigentlich als Christ oder gar als CDUCSU-Christ tickt (... ticken kann) , muß aber damit leben , dass LePen tief im "Westen" verankert ist , ebenso wie die Homophoben Antisemiten Rassisten in Polen , Ungarn und anderswo im christlichen Abendland .

        Übrigens : Meinen Sie , dass die dubiose Putsch-Regierung in Kiew keine Wahl hatte bzw. hat , ihre "Armee" gegen die Separatisten in den Kampf zu schicken ? Sind Sie dafür , dass die vollständig "ausgeräuchert" werden , die "Terroristen" , wie sie von den Staatsterroristen in Kiew von Anfang an bezeichnet wurden ? )

        • @APOKALYPTIKER:

          CIA-Marionette Jeznjuk und seine Putschregierung hatten tatsächlich keine Wahl als den Bürgerkrieg zu eröffnen – das hat der IWF zur Bedingung gemacht, dass sie vom Westen finanziert werden:

           

          http://blog.fdik.org/2014-05/s1399021958

          • @Volker Birk:

            "Der Westen" , oder : "In abgründiger Verlogenheit verbundene Heimat der Guten und Gerechten ."