Zukunft der BayernLB: Ausmisten missglückt
Die Bayerische Landesbank muss ihre Bilanzsumme reduzieren und Firmen abstoßen. Mit dem "Projekt Herkules" hatte die Bank saniert werden sollen – das ging schief.
MÜNCHEN taz | Die Bilanz des zurückgetretenen BayernLB-Vorstandschefs Michael Kemmer fällt recht nüchtern aus. Die Bank habe ihre schwierigsten Zeiten zwar überstanden. Vollständig "über den Berg", so Kemmer, sei die BayernLB aber noch lange nicht. Nun soll der bisherige Finanzvorstand Stefan Ermisch das fertig bringen, woran Kemmer scheiterte. Ermisch leitet die BayernLB seit Dienstag kommissarisch.
Nach der Fast-Pleite vor einem Jahr war Kemmer mit einem ehrgeizigen Umbauprogramm angetreten. Er nannte es "Projekt Herkules". Hochriskante Wertpapiere sollten aus dem Portfolio verschwinden, 5.600 der 19.200 Mitarbeiter ihren Job verlieren, verlustbringende Tochterfirmen wie die Hypo Group Alpe Adria (HGAA), fit für den Verkauf gemacht werden.
Tatsächlich konnte Kemmer immer wieder neue Erfolgsmeldungen verbreiten. Der Abbau der Risiko-Papiere komme voran. Beim Stellenabbau liege man im Plan. Nur die schlingernde Osteuropa-Tochter HGAA bekamen die Landesbank-Chefs einfach nicht in den Griff. Zwischen zweieinhalb und drei Milliarden Euro Verlust wird der HGAA-Verkauf der BayernLB in diesem Geschäftsjahr bescheren.
Ein Minus von rund einer Milliarde Euro prophezeite Vorstandschef Kemmer bei der Vorstellung der Quartalszahlen im November. Grund für die düstere Prognose: die HGAA. Das desaströse operative Ergebnis der Osteuropa-Töchter HGAA und MKB, minus 161 Millionen Euro in den ersten neun Monaten 2009, drückte auf die Bilanz. Das Risiko von Kreditausfällen bei der HGAA war so groß, dass die BayernLB schon im Jahr 2008 über 30 Prozent ihrer gesamten Risikovorsorge in die Balkan-Tochter stecken musste.
Die EU-Kommission, die derzeit die 10-Milliarden-Staatshilfe Bayerns an seine Landesbank prüft, verlangt von der BayernLB nun, ihre Bilanzsumme zu reduzieren und weitere Tochterfirmen abzustoßen. In Zukunft will sich die Landesbank vor allem auf bodenständige Geschäfte mit der bayerischen mittelständischen Wirtschaft konzentrieren.
Langfristig plant die bayerische Regierung den Verkauf der Landesbank. Bis sie dafür einen annehmbaren Preis erzielen wird, könnte es noch ein paar Jahre dauern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Umwälzungen in Syrien
Aufstieg und Fall der Familie Assad
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“