Zugeständnis der Schufa: Nicht unbedingt freiwillig
Dass die Schufa 250.000 Einträge löscht, ist ein Signal für ihre Kompromissbereitschaft. Allerdings bewegt sich die Auskunftei nur auf massiven Druck.
N a bitte: Gegen Ende eines langen Gerichtsverfahrens und nachdem der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes klar gemacht hat, dass es so nun wirklich nicht geht, hat sich die Schufa bewegt und die Daten zur Restschuldbefreiung von 250.000 Personen gelöscht. Die Einträge nach einer Privatinsolvenz werden ab sofort nur noch sechs Monate gespeichert und nicht mehr drei Jahre. Letzteres hatte der EuGH-Generalanwalt beanstandet.
Die Schufa kommt mit ihrer Entscheidung dem Urteil des Gerichts zuvor. Das ist konsistent. Denn die Auskunftei hatte bereits vor zwei Jahren eine Transparenz- und Verbraucherfreundlichkeitsoffensive angekündigt. Jetzt noch übermäßig lange auf eine mutmaßlich rechtswidrige Praxis zu beharren, wäre nicht gerade im Einklang mit der angestrebten Außendarstellung gewesen.
Die Schufa, jahrzehntelang ein Synonym für Verschlossenheit und Resistenz gegenüber Verbraucherschutz, kann sich bewegen. Dafür braucht sie aber den Druck von außen, und zwar nicht zu knapp. Natürlich hätte die Auskunftei ihre Löschpraxis längst ändern können. Eine Vorlage dazu kam vom Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, das dem Betroffenen und Kläger recht gab. Die Schufa zog stattdessen vor den Bundesgerichtshof. Verbraucherfreundlichkeit? Die hätte man sich doch anders vorgestellt.
Nicht weniger spannend ist ein zweites Verfahren, das auch vor dem EuGH liegt und das noch deutlich weitreichendere Konsequenzen haben könnte. Dabei geht es um die Scorewerte, anhand derer die Schufa die Kreditwürdigkeit von Menschen einschätzt. Laut EuGH-Generalanwalt verstößt dieses Scoring gegen Europarecht.
Nun betrifft das Scoring – anders als die Speicherdauer für die Restschuldbefreiung – das Geschäftsmodell der Schufa im Kern. Wird sie daher den Rechtsweg bis zum Ende gehen? Oder ebenfalls vorher einlenken? An diesem Fall wird sich zeigen, wie ernst die Schufa es meint mit Transparenz und Verbraucherfreundlichkeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei