Zufluchtsland in Afrika: In Uganda wird es immer enger
Uganda ist nicht nur für Flüchtlinge ein attraktives Land. Mit knapper werdendem Land droht jedoch die Gastfreundschaft zu kippen.
A lle lebenden Generationen in Uganda sind es gewohnt, Flüchtlinge aus Nachbarländern aufzunehmen, aber neuerdings kommt man durcheinander. Sudan-Flüchtlinge gab es in Uganda bereits bei der Unabhängigkeit 1962. Heute „Sudan-Flüchtlinge erreichen Uganda“ zu sagen, ist verwirrend. Aber es hat einen Grund. Bisher waren Sudan-Flüchtlinge in Uganda ausschließlich Südsudanesen, hochgewachsen und tiefschwarz, sogar nach afrikanischen Maßstäben.
Aber die neuen Sudan-Flüchtlinge sind heller und von Normalgröße. Sie sind Araber. Die ugandische Verwirrung rührt daher, dass Südsudan mit Juba als Hauptstadt vor 13 Jahren unabhängig von Sudan wurde und damit die Südsudan-Flüchtlinge keine Sudan-Flüchtlinge mehr sind. Seit Südsudans Unabhängigkeit kommen noch viel mehr Südsudan-Flüchtlinge nach Uganda als vorher, da das unabhängige Land im Bürgerkrieg zwischen Präsident Salva Kiir und seinem Vize Riek Machar versunken ist.
Nun wiederholt sich das in Sudan, also dem Norden des einstigen Landes mit Khartum als Hauptstadt, mit dem Bürgerkrieg zwischen den beiden Armeechefs Abdelfattah al-Burhan and Mohamed Hamdan „Hametti“ Daglo. Sudan-Flüchtlinge auf der Flucht vor diesem Bürgerkrieg erreichen jetzt Uganda, und die bereits vorhandenen Sudan-Flüchtlinge sind jetzt Südsudan-Flüchtlinge. Uganda beherbergt bereits mehr Flüchtlinge als jedes andere Land in Afrika, etwas über 1,5 Millionen.
Es liegt im Herzen des Kontinents, grenzt an Kenia, Tansania, Ruanda, die Demokratische Republik Kongo und Südsudan, und es integriert problemlos Menschen von jenseits der Grenzen als Bauern, Händler oder sonstige Berufstätige. Der Begriff „Flüchtling“ ist für viele Flüchtlinge in Uganda rein theoretisch, vor allem wenn sie aus Nachbarländern kommen, deren Volksgruppen auch in Uganda selbst sesshaft sind.
lebt als unabhängiger Publizist in Ugandas Hauptstadt Kampala. Er ist ehemaliger Chefredakteur der Zeitungen Sunday Vision und Daily Monitor in Uganda und Mitgründer der Zeitung The Citizen in Tansania.
Unbürokratisch ins Melderegister
Es ist schwer, einen Ruanda-Flüchtling von einem Ugander aus der ruandischen Volksgruppe zu unterscheiden, und es ist auch völlig egal, solange die beiden Länder nicht im Konflikt miteinander sind. Uganda ist auch für Nichtflüchtlinge aus anderen Ländern attraktiv, da es immer ein sehr gastfreundliches Land gewesen ist, auch für einfache Migranten auf der Suche nach einem besseren Leben. Nirgends leben so viele Tansanier wie in Uganda, außer in Tansania. Auch viele Kenianer kommen nach Uganda.
Die Menschen aus beiden Ländern lassen sich als Bauern nieder, da es lange Zeit keine Zugangsbarrieren zu Land gegeben hat. Erst vor zehn Jahren führte Uganda ein Melderegister und Personalausweise ein. Die Registrierung dafür war sehr einfach, und viele Migranten schafften das schneller als die einheimischen Ugander. Diese mussten regelrecht gezwungen werden, indem die Regierung Mobiltelefonnummern von Unregistrierten sperren ließ.
Inzwischen haben auch weiter entfernte Afrikaner Uganda entdeckt. Angeblich werden in Nigeria jeden Tag 200 Uganda-Einreisevisa erteilt. Gleichzeitig nimmt Land-Grabbing in Uganda zu, und immer öfter nutzen Ausländer dafür einheimische Strohmänner. Land wird knapp. Eine Volkszählung ist soeben abgeschlossen worden und man wartet gespannt auf die ermittelte Einwohnerzahl, vermutlich zwischen 45 und 50 Millionen, die sich auf 241.000 Quadratkilometern Staatsgebiet drängeln, davon 18 Prozent Wasserfläche.
Mit 1,5 Millionen Flüchtlingen und immer mehr von Ausländern abgezäunten Ländereien könnte die berühmte ugandische Gastfreundschaft bald Geschichte sein.
Aus dem Englischen von Dominic Johnson
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