Ziviler Premier in Mali gefeuert: Die Militärjunta wird radikaler
Nach unüblich deutlicher Kritik an der politischen Entwicklung wird Übergangspremier Choguel Maïga entlassen. Die zivile Politik ist nun ausgebootet.
Choguel Maïga war der höchstrangige Zivilist in Malis Militärregierung. Er kam aus der zivilen Protestbewegung M5-RFP (Bewegung des 5. Juni / Sammlung der Patriotischen Kräfte), die mit ihren Demonstrationen gegen den gewählten Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta den Militärputsch, den damaligen Oberst Goïta im August 2020 befördert und begrüßt hatte.
Goïta sicherte sich im Mai 2021 mit einem zweiten Militärputsch die volle Macht, verschob dann die für 2022 versprochenen Wahlen erst auf spätestens März 2024 und später erneut auf unbestimmte Zeit. Während die zivile Protestbewegung längst wieder in Opposition steht, war Maïga der Junta treu geblieben. Ihr antiwestlicher Kurs, der die „nationale Souveränität“ betont, stößt nach wie vor auf breiten Zuspruch in Mali, aber sie agiert zunehmend repressiv.
Choguel Maïga hatte als Premierminister zuletzt mehrfach die ungeschriebenen Grenzen erlaubter Kritik in Mali überschritten. So gab er Anfang November bekannt, er höre jeden Tag anderthalb Stunden lang „Westmedien“ wie BBC, RFI oder VOA, angeblich um über deren „Manipulation“ auf dem Laufenden zu bleiben, aber auch, „um mich darüber zu informieren, was man mir vorenthält oder was man in Mali ohne mich macht“. RFI ist in Mali offiziell verboten.
„Es gibt keinerlei Debatte“
Am 16. November sagte Maïga vor M5-RFP-Aktivisten, die von ihm geführte Übergangsregierung sei von „Konfusion“ geprägt und das Land brauche endlich eine „Klärung“, wie der laufende „Übergang“ enden soll. „Es gibt keinerlei Debatte über diese Frage“, sagte er und seine eigene Arbeit so charakterisiert: „Der Premierminister ist darauf reduziert, sich mit Gerüchten in der Presse zufriedenzugeben oder mit einer riskanten Interpretation der Taten und Gesten des Ministers für Territorialverwaltung.“
Vier Tage später übernahm eben jener Minister, General Abdoulaye Maïga, Choguel Maïgas Amt. Der geschasste Premier reagierte mit einem weiteren zynischen Spruch über sich selbst in der dritten Person: „Ah, ich habe soeben erfahren, dass der Premierminister seines Amtes enthoben ist. Endlich erreicht der Nil Kairo!“ Anders gesagt: Seine Absetzung war für ihn nur eine Frage der Zeit. Er werde aber „immer im Dienst des ewigen Mali bleiben“, warnte er.
Mit Choguel Maïga, so spekulieren die gleichgeschalteten malischen Medien, hat die Opposition nun einen Kandidaten gegen General Goïta gefunden, wenn dieser sich irgendwann bei Wahlen als Präsident bestätigen lassen will. Wobei sich dafür erst noch einiges ändern müsste.
Am 31. März hatte ein neues Oppositionsbündnis nach der amtlichen Suspendierung der Aktivitäten politischer Parteien in Mali die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung, freie politische Betätigung, Meinungsfreiheit und Freilassung politischer Gefangener gefordert – vergeblich.
Am vergangenen Mittwoch traten sie erneut im „Pressehaus“ der Hauptstadt Bamako auf und erneuerten ihre Kritik. „Wir befinden uns in einem endlosen Übergang. Man hindert die politische Klasse und das Volk daran, seine Grundrechte auszuüben“, so die elf Politiker.
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