Zeitung druckt rassistische Karikatur: Sächsische Großzügigkeit
Eine Karikatur in der „Sächsischen Zeitung“ zeigt Muslime und Schwarze als rassistische Klischees. Die Redaktion hat damit kein Problem.
Die Zeichnung sieht aus, als wäre sie im Grafikstudio von Pegida-Chef Lutz Bachmann entworfen worden: Angela Merkel, die Hände zur Raute gefaltet, darüber ihr Slogan „Wir schaffen das“. Im Hintergrund tobt eine Horde blutrünstiger Islamisten, mit Krummdolch und Turban, die Polizisten und Schwule jagen, das Brandenburger Tor attackieren und den Reichstag in Brand stecken.
Auch ein wilder Schwarzer mit Speer, Baströckchen und Knochen im Haar bereichert das Szenario. Die Botschaft der Zeichnung ist recht eindeutig: Angela Merkel hat uns den nackten Terror ins Haus gebracht.
Am Silvesterwochenende ist diese Karikatur in der Sächsischen Zeitung erschienen, prominent auf der Seite 5, über den Leserbriefen. Wollte die Zeitung den Pegida-Sympathisanten unter ihren Lesern damit eine Freude machen?
Chefredakteur Uwe Vetterick kann die Kritik nicht verstehen und findet die Frage beinahe beleidigend. Schließlich sind sein Blatt und seine Journalisten selbst ständigen Angriffen der „Lügenpresse“-Rufer ausgesetzt.
Grenzen der Satire
Dennoch verteidigt Vetterick die Zeichnung: „Es gehört zum Wesen der Karikatur, dass sie Dinge überzeichnet. Sie darf übertreiben, dabei auch böse sein – ob dies dann auch witzig ist, da sind die Geschmäcker sicher verschieden.“
Beschwerden über die Karikatur habe es bislang keine gegeben, und etwas Rassistisches kann er daran nicht erkennen. Er räumt zwar ein, dass es auch für seine Zeitung Grenzen der Satire gibt: „Wir würden keine Karikaturen über den Holocaust drucken. Es gibt einige wenige Themen, die verbieten sich“, als Beispiele nennt er Mauerbau und Schießbefehl. „Ansonsten gilt: großzügig und gelassen sein.“
Karikaturen spielen für die Sächsische Zeitung eine große Rolle, nicht selten erscheint schon auf der ersten Seite eine. Dabei greift sie auf Arbeiten unterschiedlicher Karikaturisten zurück. Im Jahr 2000 hat sie den Deutschen Karikaturenpreis ins Leben gerufen, den sie neuerdings gemeinsam mit dem Bremer Weser-Kurier ausschreibt. Darum betrachtet sich die Sächsische Zeitung in Sachen Karikaturen durchaus als kompetent.
Auch der Schöpfer der Karikatur ist eine Koryphäe. Der 60-jährige Valeriu Kurtu wurde in Moldawien geboren, an der Grenze zu Rumänien, und studierte noch zu Zeiten der Sowjetunion in Moskau, um Trickfilmer zu werden. In namhaften Satiremagazinen des Ostblocks wie Krokodil (UdSSR) und Eulenspiegel (DDR) veröffentlichte er Karikaturen, mit denen er sich einen Namen machte.
Wimmelbilder und naive Malerei
Seit 1994 lebt er in Berlin, wo er mit seiner Frau seit über zehn Jahren eine Galerie betreibt, die den Namen „Kurtu-Kunst“ trägt. Für seine Zeichnungen wurde er mehrfach ausgezeichnet, bei Karikaturenwettbewerben von Argentinien über Italien bis China gewann er jeweils den ersten Preis. Seine Motive sind meist eher harmlos und durchaus menschenfreundlich, sie erinnern an Wimmelbilder und naiver Malerei, und entfernt an den Zeichenstil des argentinischen Zeichners Guillermo Mordillo.
Erst in jüngster Zeit hat sich Kurtu offenbar auf politische Themen verlegt. Seit 2015 entstanden einige Karikaturen zum Thema Terrorismus, in denen er eine angeblich naive „Multikulti-Toleranz“ der Europäer anzuprangern versucht.
In diesem Zug ist auch seine Merkel-Karikatur entstanden, und mit seiner Haltung steht er sicher nicht alleine. Aber auf so klischeehafte Weise umgesetzt, erinnern seine Zeichnung frappierend an die Hass-Karikaturen, die auf antimuslimischen Hetzseiten wie Pi-news erscheinen.
Dass diese Karikatur in der Sächsischen Zeitung kaum Aufsehen erregt hat, mag einem spezifisch sächsischen Humor geschuldet sein. Oder der Tatsache, dass sich die öffentliche Debatte so weit nach rechts verschoben hat, dass viele für solcherart diffamierenden Bilder unempfindlich geworden sind.
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