Zehntausende zusätzliche Lehrer fehlen: Schulpolitik muss umdenken
Bislang gingen die Schülerzahlen zurück. Doch nun kündigt sich durch mehr Geburten und Zuwanderung ein Schüler-Boom an,
Die Schulsysteme seien auf den neuen Schüler-Boom nicht vorbereitet, da bislang mit zurückgehenden Zahlen gerechnet wurde, heißt es in der Studie „Demographische Rendite adé“. Forscher errechneten im Auftrag der Stiftung, dass 2025 rund 8,3 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland zur Schule gehen werden – gut 300.000 mehr als 2015. Die offizielle Prognose der Kultusministerkonferenz für 2025 sei mit nur 7,2 Millionen Schülern erheblich zu niedrig, hieß es.
Auf die Bundesländer kämen erhebliche Investitionen zu, weil Zehntausende Lehrer und Klassenräume fehlten. „Es besteht enormer Handlungsdruck“, sagte Stiftungs-Vorstand Jörg Dräger, viele Länder müssten „komplett umdenken“.
Die Grundschulen bekommen den Anstieg laut Studie als erste spüren. In acht Jahren könnten der Schätzung zufolge dort 24.000 Lehrer fehlen, sofern die Klassen nicht größer werden sollten. Zeitversetzt erreichen die starken Jahrgänge dann auch die weiterführenden Schulen wie Gymnasien, Gesamtschulen, Ober- und Regionalschulen. In der Sekundarstufe I würden 2030 zusätzlich 27.000 Pädagogen benötigt. Dieser Bedarf werde wegen einer bevorstehenden Pensionierungswelle und eines vielerorts bereits bestehenden Lehrermangels nur „schwer zu decken“ sein, warnten die Experten.
Zusätzlich 2.400 Grundschulen notwendig
Außerdem werde der Raumbedarf für Schulen stark steigen. Bei gleichbleibender Schulgröße werden der Studie zufolge in acht Jahren 2.400 Grundschulen mehr gebraucht als heute. Etwas später kämen auch auf die weiterführenden Schulen bauliche Engpässe zu. Für die Ausbildung von mehr Lehrern, für Planung und Bau neuer Schulen werden laut der Untersuchung erheblich steigende Bildungshaushalte benötigt. So wird für 2030 wird von einer Steigerung um 4,7 Milliarden Euro gegenüber den derzeitigen Ausgaben ausgegangen.
Für die Studie zur Entwicklung der Schülerzahlen aktualisierten der Erziehungswissenschaftler Klaus Klemm und der Soziologe Dirk Zorn von der Bertelsmann Stiftung die letzte Bevölkerungsvorausschätzung des Statistischen Bundesamtes vom März 2017 um die jüngsten Geburtenzahlen der sogenannten Milupa-Geburtenliste, einer jährlichen Erhebung des Herstellers von Babynahrung.
Die Schätzung erhebe keinen Anspruch darauf, die künftige Entwicklung „akkurat vorherzusagen“, erklärte Stiftungs-Vorstand Dräger im Vorwort zu der Studie. Sie solle ein Anstoß sein, bisherige Planungen zu überdenken und auch regelmäßiger zu überprüfen.
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