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ZSK-Sänger Joshi über Anti-AfD-Proteste„Meine Band wäre vermutlich im Gefängnis“

Die Punkband ZSK wird am Samstag in Riesa bei der Kundgebung gegen den AfD-Parteitag spielen. Ihr Sänger sagt, die Partei ist die größte Gefahr für die Demokratie seit 1945.

ZSK-Sänger Joshi: „Mit überzeugten Kadern spreche ich nicht. Das macht keinen Sinn.“ Foto: Matthias Rietschel/reuters
David Muschenich
Interview von David Muschenich

Joshi läuft am Freitagmittag suchend über den Parkplatz vor der WT Arena, in der die AfD am Wochenende ihren Parteitag abhalten will. Die markante Frisur des Sängers der Punkband ZSK ist unter einer schwarzen Mütze versteckt. Er helfe schon beim Aufbau der Bühne und trage ein paar Zäune, erzählt Joshi der taz. Trotzdem habe er Zeit für ein kurzes Interview.

taz: Joshi, warum spielt Ihr hier am Samstag auf einer Kundgebung gegen den AfD-Bundesparteitag?

Joshi: Ganz ehrlich, die Situation ist einfach so dramatisch, da müssen sich alle gerade machen. Wir sind da auf eine gewisse Art verpflichtet. Ich kann nicht zu Hause sitzen oder bei Rock am Ring spielen, aber nicht nach Riesa fahren und hier Flagge zeigen.

Im Interview: Joshi (ZSK)

Joshi ist der Sänger von ZSK. Die ursprünglich aus Göttingen stammende Punkband gab ihr erstes Konzert im Dezember 1996. Inzwischen füllt sie bundesweit Konzerthallen. In Zusammenarbeit mit anderen Bands wie den Ärzten initiierte ZSK ab 2007 das Projekt „Kein Bock auf Nazis“.

taz: Was meinst Du damit, „die Situation ist dramatisch?“

Joshi: Die AfD ist die größte Gefahr für die Demokratie seit 1945, und ich habe das Gefühl, viele haben das immer noch nicht verstanden. Wenn die AfD irgendwann an die Macht kommen sollte, in ein oder zwei Bundesländern, in der Bundesregierung, dann würde es sehr finster. Wenn man sieht, was bei der AfD für ein harter Rassismus und Antisemitismus gepredigt wird, welche Vernichtungsfantasien Leute da haben. Das wäre keine rosige Zukunft, sondern eine Diktatur. Die taz wäre verboten und meine Band wäre vermutlich im Gefängnis.

taz: Ihr habt auch vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg gespielt. Die AfD bekam dort trotzdem hohe Wahlergebnisse.

Joshi: Mir ist klar, dass wir mit dieser Demo keinen AfD-Wahlerfolg verhindern. Es geht darum, den Leuten, die sich gerade machen, den Rücken zu stärken. Aber es wird kein AfD-Wähler morgen vorbeikommen und sich denken: Na gut, die haben recht, wähle ich die doch nicht.

taz: Wenn man die Leute nicht davon überzeugen kann, die AfD nicht zu wählen …

Joshi: Das habe ich nicht gesagt. Ich versuche ständig Leute zu überzeugen. Wir geben auch Infomaterial raus, das Leuten helfen soll, mit Freunden und Bekannten zu reden. Ein persönlicher Zugang hilft, da ist die Chance für den Austausch da. Ich weiß, dass das schwierig ist, weil AfD-Fans kaum zuhören. Auf einen fremden AfD-Fan zugehen, hat leider wenig Chancen, und mit überzeugten Kadern spreche ich nicht. Das macht keinen Sinn.

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12 Kommentare

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  • > ZSK-Sänger Joshi: „Mit überzeugten Kadern spreche ich nicht. Das macht keinen Sinn.“

    >Er helfe schon beim Aufbau der Bühne und trage ein paar Zäune, erzählt Joshi der taz. Trotzdem habe er Zeit für ein kurzes Interview.

    Also lässt er sich ja doch erweichen, trotz des zuerst Gesagten.

  • So ist das leider und man muss in aller Deutlichkeit sagen: Wenn die verantwortlichen Politiker nicht endlich den Verbotsantrag gegen die AFD auf den Weg bringen, dann machen sie sich mitschuldig, dann gehören sie zu denen, zu den Tätern. Was das dann bedeutet, will ich mir gar nicht ausmalen.

  • Sehr gut! ZSK! Widerstand steht und die meisten in diesem Land wählen diese Partei eben nicht! Wir (Wessis) haben in 2024 an einer "Brandmauer-Demo" in DD und eine in Pirna teilgenommen und konnten da einiges mitnehmen, was die Demokultur bei euch angeht. Chapeau! Was ich nicht kapiere ist, dass diese Partei zielgerichtet die Demokratie mit der FDGO bekämpft und abschaffen möchte. Das gibt den demokratischen Kräften m. E. das Recht, derartige "Parteien" oder Sammelbecken zu verbieten. Worauf warten wir noch? Egal?



    Es wäre dann ja genau der Job der verbleibenden "demokratischen" Parteien, die der Meinung sind, man müsse sich der Mehrheit beugen. Genau die, welche zugelassen, dass die Jugendeinrichtungen in den Neuen Bundesländern von Nazis okkupiert wurden, sie haben aufkeimenden Neonazismus verharmlost und vor dem Linksextremismus gewarnt und ihr rechtes Auge zu gemacht. Sie haben die Errichtung sog. NoGo Areas geduldet, Hetzjagden gegen Migrantinnen verbal verurteilt und dann? Dem Entstehen ganzer Nazidörfer, haben sie nichts entgegen gesetzt. Daher braucht es uns, unseren Zusammenhalt, unsere Solidarität. Habt Hoffnung! youtu.be/Pe5rLFB52v0

  • Ich rate allen Westdeutschen die zu uns in den Osten zum supporten kommen die größte Gefahr seit 45 Rhetorik etwas zu modifizieren. Unsere historischen Erfahrungen werden ja sowieso externalisiert aber dann ist bei so einer Prämisse gleich von Anfang an keine gemeinsame Basis für einen Dialog auf Augenhöhe vorhanden.



    Ich wohne hier ja im derzeit wahrscheinlich stärksten AfD-Wahlkreis des Landes und bin von deren Wählerschaft im Alltag quasi umzingelt. Natürlich kann man mit diesen Wählern noch reden ausgenommen eines kleinen Teils von Überzeugungstätern. Dann braucht es aber auch ein etwas weniger holzschnittartiges Herangehen und ein Verständnis für die realen Probleme vor Ort.

  • Man kann wenigstens den Leuten, die keine AgD, aber resignieren wollen, klarmachen, daß die AgD-Wähler auf jeden Fall alle den Weg zum Wahllokal bzw. zum Briefkasten finden werden. Die wählen, egal, ob es regnet, stürmt oder schneit. Und wenn sonst keiner geht, sind sie eben durch.

  • "Der Bundesparteitag ist nach der Satzung der meisten Parteien das höchste Entscheidungsgremium auf Bundesebene. Nach dem deutschen Parteiengesetz ist dies vorgeschrieben."

  • Die größte Gefahr seit 1945 war die SED. Diese hat tatsächlich die Demokratie in Teilen Deutschlands für Jahrzehnte verschwinden lassen.

  • Eine große Gefahr für die Demokratie ist ihre Schwäche.



    Empathie und Menschlichkeit werden von den Feinden der Demokratie als Schwäche ausgelegt. Ich befürchte, sie haben Recht. denn diese Eigenschaften werden gnadenlos zum Schaden der Demokratie ausgenutzt, sie wird mit ihren eigenen Waffen geschlagen.

    Durchsetzen von demokratisch festgelegten Regeln, die für ein akzeptables Zusammenleben notwendig sind, ist unbedingt erforderlich. denn sonst werden die Regeln nicht mehr demokratisch aufgestellt.

    • @Erfahrungssammler:

      Ich würde dem entgegen: Die größte Gefahr für die (parlamentarische) Parteien-Demokratie ist ihre aktuelle Handlungsunfähgkeit und ihre Trägheit.

      Es wird nur noch an Symptomen herumgedocktert, aber kaum noch Probleme gelöst. Das war in Weimarer Republik leider ähnlich. Die Folgen davon kennen wir. Politiker/innen denken in Wahlperioden und im Sinne ihrer Partei.

  • Joshi hat vollkommen Recht, nur in einem Fall sind nicht alle seiner Meinung: Söder, Dobrindt und viele in der CSDU finden die GRÜNEN noch schlimmer...

    • @Perkele:

      Man könnte ja nach Wien schauen und sich da seine Gedanken machen.

      Und dieser Artikel taz.de/Aus-dem-Mag...URZWEI/!vn6060708/ böte an Gedankenanstößen zu Prallelen mehr als genug.

    • @Perkele:

      Man könnte ja nach Wien schauen und sich da seine Gedanken machen.

      Und dieser Artikel taz.de/Aus-dem-Mag...URZWEI/!vn6060708/ böte an Gedankenanstößen zu Prallelen mehr als genug.