Gentrifizierung in Berlin-Friedrichshain: Wut auf die Wiesn
Die Berliner Oktoberfest-Kopie zieht von Mitte nach Friedrichshain, neben den linken Club About Blank. Im Kiez um das Ostkreuz regt sich Widerstand.

Auf der Webseite des Events, das sich inzwischen „Spreewiesn“ nennt, wird den Freund*innen bayerischer Folklore versichert, dass bis auf die Ortsänderung alles bleibt wie bisher. Womöglich haben die Veranstalter:innen die Rechnung ohne die Nachbar*innen gemacht: Ein offener Brief fordert die Absage. Den Text unterschrieben haben neben dem benachbarten linken Club About Blank auch die Neue Zukunft am Ostkreuz und der Jugendclub E-Lok.
„Wir beobachten seit über vier Jahren, wie der Kiez immer mehr von Luxusbüros, Eigentumswohnungen und Wohnungen auf Zeit überschwemmt wird, während wichtige Infrastruktur wie Spätis, Ärzte oder Apotheken geschlossen werden“, sagt Timo Steinke von der Nachbarschaftsinitiative „Wem gehört der Laskerkiez“, die den offenen Brief initiiert hat.
Auch Jenny Goldberg vom Stadtteilbüro Friedrichshain moniert: „Während die Träger soziokultureller Angebote von massiven Kürzungen betroffen sind und Menschen sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten können, erobern touristische Events die privatisierten Räume des Stadtteils.“
Sorge vor besoffenen Männerhorden
Für Goldberg und Steinke sind die Clubs Teil der Kiezkultur. Dagegen würde das Spreewiesn-Event „für zwei Monate in unseren Kiez einfallen“, so Steinke. Er vermutet, dass besoffene Männergruppen angezogen werden sollen, um Kasse zu machen. Eine Kritik, die Julian Schwarze, Sprecher für Clubkultur der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, versteht: „Wir brauchen mehr Kiezkultur statt Kommerz“, sagt er.
Die Kritiker*innen wollen es nicht bei Appellen belassen und „regelmäßige Proteste vor Ort organisieren“. Protestkundgebungen sind schon bis in den Oktober angemeldet.
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