Wohnungspolitik in Berlin: Mehr Wohnungen für Menschen in Not

Die Grünen wollen das Geschützte Marktsegment mithilfe privater Vermieter ausbauen.

Eine weitere Forderung ist, dass beim Neubau ein Anteil an Wohnungen für das Geschützte Marktsegment eingeplant wird Foto: dpa | Monika Skolimowska

Berlin taz | Mietschulden angesammelt, die Räumung oder die Entlassung aus der Haft stehen kurz bevor: Unter solchen Bedingungen ist es unmöglich, auf dem Berliner Wohnungsmarkt eine Bleibe zu finden. Es droht die Wohnungslosigkeit. Seit 1993 gibt es für solche Fälle mit dem Geschützten Marktsegment ein Sicherungsnetz, um Menschen in akuten Notsituationen in einer eigenen Wohnungen unterzubringen.

Doch das Angebot kann den Bedarf bei Weitem nicht decken. Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat am Mittwoch einen Vorschlag vorgelegt, wie das Geschützte Marktsegment ausgebaut werden soll. Die Zahl der vorgesehenen Wohnungen soll von 1.350 auf 2.500 erhöht werden. Statt hauptsächlich Einzimmerwohnungen sollen künftig mehr Wohnungen für Familien und mobilitätseingeschränkte Menschen angeboten werden.

Erreichen wollen die Grünen den Ausbau zusammen mit privaten Unternehmen. Dafür soll der Verwaltungsaufwand reduziert sowie eine zehnjährige Mietgarantie eingeführt werden. Damit soll es für private Vermieter attraktiver werden, sich am Geschützten Marktsegment zu beteiligen.

Gleichzeitig fordern die Grünen, dass zukünftig auch beim Neubau ein Anteil an Wohnungen für das Geschützte Marktsegment eingeplant wird. Vereinbart werden soll das in den städtebaulichen Verträgen, die bei größeren Bauvorhaben abgeschlossen werden. Die Grünen-Fraktion will den Antrag am Donnerstag in das Abgeordnetenhaus einbringen.

Mittlerweile gibt es in Berlin 40.000 Wohnungslose

Durch Kooperationsvereinbarungen mit Wohnungsunternehmen konnten seit 1993 durch das Geschützte Marktsegment über 31.000 Berliner in einer eigenen Wohnung untergebracht werden. Letztmalig wurde es im Jahr 2000 reformiert. Dabei wurde das Kontingent unter dem Eindruck eines damals entspannten Wohnungsmarktes abgesenkt.

1993 seien auf 3.500 Wohnungen im Geschützten Marktsegment noch etwa 5.000 Wohnungslose gekommen, mittlerweile gebe es Berlin etwa 40.000 Wohnungslose, verdeutlicht Knut Beyer von der Mieterberatung Asum die Schieflage. Der Bedarf nehme zu. „Wir verzeichnen einen starken Zuwachs an Beratungsbedarfen rund um den drohenden und tatsächlichen Wohnungsverlust“, sagt Beyer.

Um das Geschützte Marktsegment auszubauen, brauche es eine stärkere Einbindung der Privaten, ist auch Mario Hilgenfeld vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) überzeugt. „Dies benötigt nicht nur schlanke und digitalisierte Vermittlungsprozesse, sondern vor allem auch einen wertschätzenden Umgang miteinander.“

Bisher werden die Wohnungen im Geschützten Marktsegment fast ausschließlich von den landeseigenen Wohnungsunternehmen bereitgestellt. Mit der Übernahme der privatisierten GSW-Wohnungen 2013 hatte sich die Deutsche Wohnen eigentlich verpflichtet, einen Beitrag von 230 Wohnungen zu leisten. Bereitgestellt hat das Unternehmen diese nie. Lediglich 50 Wohnungen seien realistisch, so ein Unternehmenssprecher zur taz. Als Gründe nennt er „die geringe Fluktuation auf dem Berliner Mietwohnungsmarkt und nicht geeignete uns zur Verfügung stehende freie Wohnungen“.

Der Vorschlag, das Geschützte Marktsegment auf 2.500 Wohnungen zu erweitern, ist nicht neu. 2022 hatte sich der Senat in seinem Wohnungsbündnis mit der Immobilienwirtschaft ebenfalls vorgenommen, diese Zielzahl bis 2024 zu erreichen – zur Hälfte durch den Beitrag der privaten Bündnispartner. Einen Zuwachs hat es seitdem allerdings nicht gegeben.

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