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Wohnungsmangel in GroßstädtenTote Fenster

Je ein Drittel der leer stehenden Wohnungen in Bremen und Hamburg sind es schon über ein Jahr. Das Pestel-Institut sieht kaum Chancen auf Besserung.

Manchmal liegt der Leerstand am Alter der Vermieter: Wohnstraße in Altona Foto: Christian Charisius/dpa

Es sind satte Zahlen, die über leer stehende Wohnungen in großen Städten bekannt sind: In Bremen sind es wohl um 14.000, in Hamburg sogar rund 20.000. Das geht aus dem 2022 durchgeführten Zensus hervor.

Besonders empörend angesichts der Wohnungsnot: Je rund ein Drittel dieser Wohnungen sind nicht nur temporär unbewohnt – etwa weil größere oder kleinere Sanierungsarbeiten anstehen oder die direkte Nachvermietung nicht sofort klappt –, sondern schon länger als ein Jahr.

In Hamburg sind das laut einer aktuellen Analyse des Pestel-Instituts, das zu Wohnungsmärkten forscht, 7.000 Wohnungen. Angesichts des errechneten aktuellen Mangels von rund 26.000 Wohnungen, die derzeit in Hamburg fehlen, könnte damit ein knappes Viertel gedeckt werden.

„Wer eine Wohnung sucht, sollte sich darauf aber keine Hoffnungen machen“, warnt Matthias Günther vom Pestel-Institut. „Wohnungen, die lange Zeit leer stehen, gehen kaum wieder in die Vermietung.“

Uneinige Erben

Günther sieht mehrere Gründe dafür: „Kann sich die Erbengemeinschaft eines Mehrfamilienhauses nicht darauf einigen, ob es verkauft oder die Wohnungen wieder vermieten soll, gehen schnell einige Jahre ins Land.“ Und besonders ältere Eigentümer ließen Wohnungen eher leer stehen, weil sie die vor einer Neuvermietung oder vor dem Verkauf nötige Sanierung scheuten.

„Das müssen nicht immer rationale Gründe sein, aber sie zeigen sich in vielen Fällen“, sagt Günther. So scheint es auch im Fall des bis Anfang der Woche zeitweilig besetzen Hauses in der Bremer Neustadt zu sein, das mit kurzen Unterbrechungen schon zwei Jahrzehnte leer steht: Der mittlerweile 87-jährige Eigentümer ließ das Haus nach einem Wasserschaden zunehmend verfallen.

Da würde es aus Günthers Sicht auch nicht helfen, dass in Städten wie Hamburg oder Bremen hohe Bußgelder drohen. Laut dem Hamburgischem Zweckentfremdungsgesetz können sogar bis zu 500.000 Euro Bußgeld drohen, wenn jemand ohne Grund Wohnungen unbewohnt lässt; in Bremen sind es 100.000 Euro.

Der Stadt Hamburg müssen Eigentümer eigentlich nach vier Monaten Leerstand melden, so ist es vorgeschrieben. Doch Günther zufolge ist das kaum mehr als ein „Papiertiger“ – tatsächlich wurden Bußgelder in den vergangenen Jahren in Bremen wie in Hamburg nur äußerst selten verhängt.

Ein gesunder Markt erträgt aus Sicht des Mietervereins zu Hamburg fünf Prozent Leerstand

Dabei sind grundsätzlich, von den lange Zeit unbenutzten Wohnungen abgesehen, höhere Leerstandsquoten selbst von den Mietervereinen gern gesehen. Auf die Gesamtzahl berechnet ergibt sich für Hamburg eine Leerstandsquote von weniger als zwei Prozent – zu wenig, um den Markt zugunsten von Wohnungssuchenden zu entspannen. Ein gesunder Markt erträgt aus Sicht des Mietervereins zu Hamburg auch rund fünf Prozent.

Dieser Zustand ist bei den Büroflächen erreicht: Die Leerstandsquote der Büroimmobilien liegt in Hamburg mittlerweile bei sechs Prozent. Ob da nicht ein Potential zur Umwandlung steckt? Hamburgs rot-grüne Koalition hat kürzlich einen entsprechenden Antrag der CDU-Fraktion, mit einem Pilotprojekt ein leer stehendes Bürogebäude zum Wohngebäude umzunutzen, abgelehnt.

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