Wohnungskrise in Berlin: Verwaiste Büros bleiben ungenutzt
Nirgendwo stehen mehr Büros leer als in der Hauptstadt. Trotzdem sieht der Senat kaum Handlungsbedarf, zeigt eine Anfrage der Grünen.
Laut einer in der vergangenen Woche veröffentlichten Studie des Maklernetzwerks German Property Partners (GPP) stehen 7,9 Prozent der Berliner Büroflächen leer. Das entspricht 1,75 Millionen Quadratmeter. Besonders krass ist der Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr: Mit einer Steigerung von 42 Prozent wächst der Leerstand am schnellsten. Die geringe Auslastung tut dem Bau neuer Bürohäuser allerdings keinen Abbruch: 2025 und 2026 sollen noch 840.000 weitere Quadratmeter fertiggestellt werden.
„Während fast hunderttausend Menschen bezahlbare Wohnungen suchen, entstehen neue Bürogebäude, die keiner braucht“, kritisiert Schmidberger. Anlässlich der drastischen Zahlen fragte die Abgeordnete nach, wie stark ausgeprägt das Problembewusstsein in der Berliner Regierung sei.
Wie die Antwort zeigt, ist es nicht sehr stark: „Für die nächsten Jahre wird ein Wachstum der Bürobeschäftigung prognostiziert“, teilt ein Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen mit. Der Leerstand betreffe vorrangig Bürohäuser in ungünstigen Lagen oder Gebäude, die nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprächen. „Es wird weiterhin eine Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Bürostandorten erwartet.“
Senat tut nichts
Grundsätzlich befürwortet der Senat die Idee, Büroleerstand in Wohnraum umzuwandeln, wo es „geplant und sinnvoll“ ist. Allerdings müsse eine Umwandlung nach derzeitiger Rechtslage immer vom Eigentümer ausgehen. Außerdem würden viele Büros den baulichen Anforderungen von Wohngebäuden nicht genügen, zum Beispiel in puncto Deckenhöhe oder Lichteinfall. Auch lägen viele Büros in reinen Gewerbegebieten, in denen eine Wohnnutzung nicht möglich sei, heißt es in der Antwort.
Doch ein echtes Interesse, die Hürden für potenzielle Umnutzungen zu erfassen, hat Berlins Regierung nicht. So erheben weder der Senat noch die Bezirke Daten über bestehende Leerstände. Kooperationen mit wissenschaftlichen Einrichtungen oder Forschungsinstituten gibt es ebenfalls nicht. Auch der geplante Neubau von Wohnprojekten wird nicht systematisch erfasst.
„Die Anfrage belegt, dass der Senat kein Interesse hat, die betreffenden Objekte zu identifizieren und Umbauten voranzubringen“, kritisiert Schmidberger. Stattdessen vertrete der Senat aktiv eine Investorenpolitik, indem er Büroneubauten gegen Widerstände der Bezirke voranbringt, wie etwa im Gleisdreieckpark oder an der Warschauer Straße.
Die Mietenpolitikerin fordert hingegen einen Planungsstopp für neue Büros und ein Förderprogramm für die Umnutzung in sozialen Wohnraum.
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