Wölfe zum Abschuss freigegeben: Die Rache in Niedersachsen
Wegen eines gerissenen Rindes kommt in Niedersachsen das neue Schnellabschuss-Verfahren erstmals zur Anwendung. Artenschützer kritisieren.
Als erstes Bundesland hat Niedersachsen einen Wolf nach dem von der Umweltministerkonferenz beschlossenen Schnellabschuss-Verfahren zur „Entnahme“ freigegeben. Am vergangenen Wochenende sei in der Nähe von Hannover erneut ein Rind gerissen worden – zum fünften Mal innerhalb von neun Monaten, sagte Landesumweltminister Christian Meyer (Grüne). Verursacher sei „mit hinreichender Sicherheit“ ein Wolf: „Um die Akzeptanz für den Wolf zu erhalten, müssen wir im Einzelfall, wo Wölfe wiederholt Probleme machen, zum Schutz der Weidetiere handeln, und zwar schnell.“
Damit kann seit Dienstag drei Wochen lang im Abstand von einem Kilometer rund um den Ort des Rissgeschehens ein dorthin zurückkehrender Wolf abgeschossen werden. Die Umweltminister des Bundes und der Länder hatten im Dezember das Schnellabschuss-Verfahren auf den Weg gebracht. Danach wird in Gebieten mit überdurchschnittlich häufigen Wolfsangriffen auf gut geschützte Nutztiere ein Abschuss für 21 Tage im Abstand von 1.000 Metern um die konkrete Weide erlaubt, ohne dass eine DNA-Probe abgewartet werden muss.
Sowohl die EU-Kommission als auch der Bund hatten die Rechtmäßigkeit des neuen Verfahrens bestätigt. Laut Studien besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, an der betroffenen Weide den konkreten Wolf aufzufinden.
Aus Sicht von Artenschützern ist die erteilte Ausnahmegenehmigung aber rechtswidrig. Das Verfahren verstoße gegen europäisches und nationales Naturschutzrecht, kritisiert der „Freundeskreis freilebender Wölfe“. Der Verein will mit einer „beispiellosen Klagewelle“ bis hin zum Europäischen Gerichtshof gegen die Regelung vorgehen. Zudem seien weibliche Wölfe zu dieser Zeit des Jahres bereits tragend, was auch ethische Probleme aufwerfe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren