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Wir retten die WeltMehr ist weniger

Bernhard Pötter
Kolumne
von Bernhard Pötter

Nachhaltiger Konsum? Schön und gut. Aber dann macht das Möbelhaus uns ein Angebot, das wir nicht ablehnen können.

Alles billig im Möbelhaus Foto: dpa

D er Flur in unserer Wohnung ist dunkel und eng. Er wird noch dunkler und enger, wenn er vollgerümpelt ist mit Laufschuhen, Halbschuhen, Sneakers und Stiefeln. Als ich mir dort beinahe den Knöchel brach, weil ich über ein paar Latschen stolperte, wurde auch dem letzten Konsumfeind in der Familie, also mir, klar: Wir brauchen einen Schuhschrank.

Also ab zu Möbel Höffner an der Stadtautobahn. Ein riesiger Klotz, in den mit ein bisschen Quetschen die Kuppel des Petersdoms passen würde. Hier gibt es alles: Sofas, Sessel, Vasen, Gartengeräte, Fernseher, Betten und natürlich auch Schuhschränke. Wir fanden schnell den Mehrzweckhochschrank „Ca­bino“, weiß, zehn Einlegefächer. Der sollte den Flurschaden zu Hause schon in Grenzen halten.

Nur die Bestellung stürzte mich in Verwunderung. Das gute Teil sollte 320 Euro kosten. „Aber wenn Sie auf über 400 Euro kommen, kostet es nur rund 300 Euro“, sagt die nette blondierte Dame an der Auskunft. Bitte? Ja, erklärt sie das Superangebot des Hauses: Wenn wir uns noch was aussuchen, was uns gefällt, würde es billiger.

Ich sah das gefährliche Flackern in den Augen meiner Frau. Ein Deal, wie ihn Donald Trump nicht besser aushandeln könnte! Wir bekommen mehr und zahlen weniger! Ich sank hilflos in ein Sofa, meine Frau zog los und kam zurück. Im Arm der stolzen Schnäppchenjägerin: Couchtisch „Bamboo“ und Hocker „Beatrice“.

Der alltägliche Konsumterror

Nicht, dass ich den alltäglichen Konsumterror nicht gewohnt wäre. Auch ich schlage als Chefeinkäufer der Familie gnadenlos zu, wenn der Ritter-Sport-Index bei meinem Edeka unter einen Euro fällt. Die drei Kinder habe ich mir nur angeschafft, um mit gutem Gewissen die Familienpackung Spaghetti nach Hause zu schleppen. „3 für den Preis von 2“ macht sich da immer wieder praktisch und auch ich denke nicht zuerst an eine Stadt in Marokko, wenn ich „Rabat“ höre.

Aber wie kann dieser Höffner-Deal funktionieren? Wahrscheinlich nur als Ausnahme. Die nette Verkäuferin war auch keine Hilfe. Während ich noch über die Gewinnmargen staunte, die so einen Blödsinn möglich machen, war meine Frau schon zur Kasse geeilt.

Ich rappelte mich aus den Tiefen des Sofas hoch. Mit mir stiegen die Fragen auf. Jede Art von „nachhaltigem Konsum“ fällt bei so etwas natürlich hinten runter. Suffizienz, Genügsamkeit, Entschleunigung? Denkste. Wenn „Preise die Wahrheit sagen“ sollen, heißt diese Wahrheit wohl: Je mehr Ressourcen ihr verbraucht, desto weniger müsst ihr zahlen. Das klassische falsche Versprechen, dass wir uns aus unseren Problemen herausshoppen können.

Offenbar hatte ich diese Gedanken halblaut vor mich hingemurmelt. Und offenbar schlummert irgendwo doch das schlechte Gewissen. Jedenfalls drehte sich meine Frau an der Kasse zu mir um und raunte mir zu: „Wehe, wenn du darüber eine Kolumne schreibst!“

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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7 Kommentare

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  • 320 Euro für einen Schuhschrank! Nobel geht die Welt zugrunde ... der Mehrzweckhochschrank „Cabino“ scheint zudem nicht besonders nachhaltig zu sein. So ist das mit Anspruch und Wirklichkeit ... am Ende sind wir alle nur hemmungsarme Konsumenten.

  • Die allermeisten Menschen sind nicht glaubwürdig, was Konsum- bzw. Kapitalismuskritik anbelangt. Autofahren, Handynutzung reicht dafür schon.

  • @URBUERGER

    1. Hat Sie irgendjemand gezwungen, Kinder zu zeugen? (Insbesondere 3) Wenn nein, gestehe ich es Ihnen nicht zu, sich moralisch zu empören.

    2. Falls Sie der Meinung sind, daß Sie zuwenig verdienen, warum haben Sie dann

    KFZ-Mechaniker gelernt. Daß Sie nicht wußten, daß man da vergleichsweise wenig verdient, würde ich Ihnen nicht abkaufen.

    Ein Studium nach der Ausbildung, z.B. als Ingenieur hätte es auch ja sein können.

  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    Sie beschweren sich über das allgegenwärtige Konsumverhalten, aber kaufen sich Ihre Möbel in so einem Möbelhaus ...? Schneiden Sie doch mal so ein lackiertes Holzbrett auf: Die Möbel bestehen meistens aus Spanblatten - die halten einige Jahre, max. 1 Umzug.

    Ich empfehle Ihnen mal einen Schreiner zu besuchen. Sie zahlen zwar das 10x - können die Möbel aber noch vererben. Das ist verantwortungsvoller Konsum!

    • @73176 (Profil gelöscht):

      Schon mal drüber Nachgedacht wie viele Menschen allein in Deutschland nur noch aus Pappkartons leben könnten, sollte es diesen "Billigschrott" nicht mehr geben?

      Ich Arbeite seit 38 Jahren Vollzeit, und kann mir und meiner Familie nur Möbelkaufen, wenn wir ca. ein Jahr darauf sparen, kosten darf dann so eine Couch aber trotzdem nicht mehr als etwa 6 - 700 Euro!

       

      Nun erklären Sie mal den Menschen denen es genauso geht ihren Einwurf.

      Beruf: KFZ - Mechaniker mit drei Kindern!!!

      • 7G
        73176 (Profil gelöscht)
        @urbuerger:

        Das weiß ich!

        Was mich stört ist folgendes:

        Linke tun immer so, als würden Sie die Welt retten - aber bitte nur mit Worten. Wo bleiben die Taten? Da sollen doch bitte andere (Reiche) für zahlen.

        Fordern kann man immer viel.

  • Hättste was gesacht. Ich hab hier noch nen Schuhschrank rumstehen, den ich gerne loswürde... für'n Appel und n Ei hättste den bekommen.