piwik no script img

Windreich AG vor GerichtPionier der Windkraft angeklagt

Insolvenzverschleppung und Betrug: Das wirft die Staatsanwaltschaft Stuttgart dem Öko-Unternehmer Willi Balz vor.

Willi Balz 2013 im Gespräch mit Journalisten. Es hagelt Vorwürfe gegen den Pionier der Energiewende Foto: dpa

Berlin taz | Er sei weder ein Betrüger noch als Unternehmer ein Versager: Mit diesen Worten verteidigte sich Willi Balz via Bild, kurz nachdem die Staatsanwaltschaft Stuttgart am Freitag Anklage gegen ihn und weitere Verantwortliche der Windreich AG erhoben hatte. Insolvenzverschleppung und Betrug lauten die Vorwürfe. Der 56-jährige Balz ist einer der bekanntesten Öko-Unternehmer der Republik.

Windkraft gehörte zu den Pio­nieren der Energiewende. 1999 als FC Windkraft GmbH gegründete, wurde das Unternehmen 2012 zur Aktiengesellschaft, inklusive neuem Namen. Die Ambitionen waren groß. Die Windreich AG sollte zu einem der größten deutschen Ökostromhersteller und -versorger heranwachsen und investierte in Windparks in der Nord- und Ostsee.

Doch schon damals war ersichtlich, dass es um die Finanzen des Windkraft-Projektentwicklers nicht zum Besten steht. Der Versuch eines Börsengangs scheiterte Ende des Jahres 2012. Wenig später, im September 2013, musste die Windreich AG Insolvenz anmelden.

Zu spät, wie nun die Staatsanwalt Stuttgart sagt. Die hatte bereits sechs Monate vor der offi­ziel­len Insolvenz gegen Balz und 19 weitere Verantwortliche des Konzerns ermittelt. Gegen acht von ihnen erhob die Staatsanwaltschaft nun Anklage. Zu ihnen gehört auch Walter Döring, Vizevorstandschef bei Windreich und ehemaliger Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg für die FDP.

Landgericht Stuttgart entscheidet über möglichen Prozess

Neben Betrug und Insolvenz­verschleppung lautet die Anklage auf Bilanzfälschung, Verletzung der Berichtspflicht, Gläubigerbegünstigung sowie Insiderhandel. Ob es zu einem Prozess kommt, muss das Landgericht Stuttgart entscheiden.

Für Unternehmensgründer Balz ist die Anklage der vorläufige Tiefpunkt in einer Reihe von juristischen Auseinandersetzungen. Dass Balz die Anleger womöglich zu spät über die Zahlungsunfähigkeit der Windreich AG informierte, wird ihm auch vom Insolvenzverwalter der Windreich AG, Holger Blüm­le, vorgeworfen.

Das Unternehmen sei „spätestens im Oktober 2011 zahlungsunfähig“ gewesen, zitierte die Süddeutsche Zeitung Blümle 2014. Dass dies zwei Jahre geheim gehalten werden konnte, soll auch an privaten Zuschüssen von Balz an sein Unternehmen gelegen haben. Ergebnis: Im August 2014 wurde auch gegen die Privatperson Willi Balz ein Insolvenzverfahren eingeleitet.

Welche Auswirkungen die Anklage seitens der Stuttgarter Anwaltsschaft für das Unternehmen und seine gut 100 Mitarbeiter hat, bleibt abzuwarten. Für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen war Windreich nicht zu erreichen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Balz ist bestimmt kein Betrüger. Er hat sich mit den falschen Leuten umgeben und war immer beratungsresistent. Er hat meistens gutgläubig gehandelt, wurde aber immer über den Tisch gezogen.

    Allerdings hat er selbst schuld.