Windkraftfirma setzt Zahlungen aus: Wieder Frust statt Genuss
Auch die Windkraftfirma Windwärts in Hannover verschiebt ihre Auszahlungen. Stiftung Warentest warnt erneut vor dieser Anlageform.
FREIBURG taz | Nach Prokon hat jetzt ein weiterer Windkraftprojektierer fällige Zahlungen an Genussrechteinhaber „auf unbestimmte Zeit“ ausgesetzt: Die Windwärts Energie GmbH in Hannover kann Rückzahlungen, die bereits zum Jahresende 2013 fällig waren, derzeit nicht leisten. Das Unternehmen begründet seinen Liquiditätsengpass damit, dass sich mehrere Projekte verzögert hätten. Eingeplante Erlöse würden verspätet anfallen.
Der Fall ist ungleich kleiner als der der von Insolvenz bedrohten Prokon, wo 75.000 Anleger 1,4 Milliarden Euro investiert haben. Betroffen sind bei Windwärts 300 Anleger, die im Jahr 2006 für zusammen 1,9 Millionen Euro Genussrechte mit einer jährlichen Verzinsung von 7,25 Prozent erworben hatten. Insgesamt hat Windwärts seit 2006 vier Genussrechte für 18,9 Millionen Euro an 1.600 Anleger ausgegeben.
144 Windenergie- und 34 Photovoltaikanlagen sowie eine Biogasanlage hat die Firma seit ihrer Gründung 1994 gebaut. Schon im Dezember hatte Windwärts eine „Restrukturierung des Unternehmens“ angekündigt und diese mit der „veränderten Marktsituation“ begründet. Die Zahl der Beschäftigten in Hannover soll von 135 auf rund 100 verringert werden.
Die Stiftung Warentest wies erneut auf das Risiko von Genussrechten hin: „Das ist eine Anlageform, die nur erfahrene Anleger wählen sollten“, sagt Geldanlageexpertin Renate Daum. Genussrechte solle nur erwerben, wer das Unternehmen genau beurteilen kann. Dies sei vor allem wichtig, weil eine Kündigung des Geldes vor Fristablauf – anders als bei börsennotierten Anleihen – nicht möglich ist.
Zudem habe man bei Anleihen einen Kurs als Indikator für den Geschäftsverlauf der Firma. Bei Genussrechten hingegen erführen die Anleger von Problemen des Emittenten oft erst, wenn Zinsen nicht gezahlt oder – wie jetzt bei Windwärts – das angelegte Geld nicht fristgerecht zurücküberwiesen wird. Die Vermutung, dass Genussrechte vor allem im Sektor Erneuerbare riskant seien, weist Daum zurück: „Ausfälle sind hier nicht häufiger als in anderen Branchen.“
Wann die fälligen Gelder ausbezahlt werden, will Windwärts derzeit nicht beantworten, zumal sich die politischen Rahmenbedingungen weiter einzutrüben drohen: Die im Eckpunktepapier von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) angekündigten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ließen Windwärts nicht unberührt, sagt Firmensprecherin Silvia Augustin: „Die Pläne betreffen ja die ganze Branche.“
Gabriel will den Vertrauensschutz für geplante Anlagen auf Projekte beschränken, die vor dem 22. Januar immissionsschutzrechtlich genehmigt wurden. Das würde der Windrad-Neubau stark bremsen.
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